Aus dem Wald oder aus Plastik – Wie nachhaltig ist welcher Weihnachtsbaum?
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Ein Weihnachtsbaum, der zum Verkauf steht (Symbolfoto). Wie ökologisch kann ein Weihnachtsbaum sein?
© Quelle: picture alliance/dpa
München. Es ist ein Geschäft, das weder Krisen noch Wachstum und offenbar auch kein schlechtes Gewissen wegen des Klimawandels kennt. Rund 25 Millionen Christbäume werden in Deutschland jedes Jahr verkauft. „Das ist stabil“, sagt eine Sprecherin des Verbands natürlicher Weihnachtsbaum. Etwa 21 Millionen der Gewächse stünden in privaten Wohnungen, weitere drei bis vier Millionen Bäume würden von gewerblichen Kunden aufgestellt.
Klimabewusste könnten angesichts dieser Zahlen auf die Idee kommen, zu einem Weihnachtsbaum aus Plastik zu greifen, was aber nicht nur der Weihnachtsbaumverband als falsch verstandenes Umweltbewusstsein geißelt. Rudolf Fenner sieht das ähnlich. „Es ist eine verkehrte Diskussion“, sagt der Waldexperte der Naturschutzorganisation Robin Wood.
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Das beginne schon bei den Transportwegen. Während ein natürlicher Baum aus der Region nur wenige Kilometer durch die Gegend gefahren werden muss, kämen vier von fünf Plastikbäumen aus dem fernen China, sagt der Robin-Wood-Botaniker und Waldschadensforscher. Dazu komme, dass Kunstbäume in der Regel aus giftigen Chlor-Kunststoff-Verbindungen gefertigt würden, die besonders bei Herstellung und Entsorgung Umwelt und Mensch belasten. „Es ist kein wiederverwertbares Plastik“, betont die Sprecherin des Weihnachtsbaumverbands.
Zugleich verweist sie auf Statistiken, wonach ein Kunstbaum im Schnitt nur dreimal verwendet wird, bevor er dann doch auf dem Müll landet. Das reicht nicht, um dieser Baumvariante einen besseren ökologischen Fußabdruck zu verschaffen als natürlichen Gewächsen.
Fenner verweist auch auf eine kanadische Studie. In dieser wurde ermittelt, dass ein Kunstbaum erst nach 20 Weihnachtsfesten hinsichtlich des Klimakillers Kohlendioxid (CO₂) besser dasteht, als wenn jedes Jahr ein Naturbaum gekauft wird. Die britische Organisation Carbon Trust kommt zwar nur auf gut elf Jahre. Aber auch das liegt noch weit über dem dreijährigen Schnitt für das künstliche Leben eines Plastikbaums.
Die Sache mit den Naturbäumen im Topf
„Umweltpolitisch ist das völlig falsch“, sagt Fenner über Kunstbäume. Plastik werde aus Öl gemacht. „Warum will ich einen Baum haben, dessen Herstellung fossiles Erdöl verbraucht“, fragt er. Auch über einer zweiten, vermeintlich klimafreundlichen Variante senkt er den Daumen. Das sind Naturbäume im Topf zum Kaufen oder Mieten.
Solche Bäume für mehr als ein Weihnachten zu verwenden sei nicht so einfach, sagt der Robin-Wood-Experte. „Im warmen Wohnzimmer wird seine Frostresistenz gebrochen“, erklärt er. Deshalb müsse man solche Gewächse nach dem Fest monatelang an einem schattigen und kühlen Ort nahe, aber nicht unter null Grad platzieren. Etwa im Mai, wenn es sicher keinen Frost mehr gibt, könne man sie dann im Garten einpflanzen.
Viele eingetopfte Bäume hätten aber so stark geschädigte Wurzeln, dass sie im Garten gar nicht mehr gediehen, warnt der Botaniker. „Keine Anwachsgarantie“, sei ein ernst zu nehmender Hinweis, mit dem diese beim Verkauf versehen würden. Statistiken des Weihnachtsbaumverbands weisen für Bäume im Topf einen Marktanteil von rund 10 Prozent aus, Tendenz sinkend.
Wofür Experten von Robin Wood oder vom Umweltbundesamt werben, wenn es schon ein Weihnachtsbaum sein soll, sind Ökobäume. Die würden angebaut, ohne mit Pestizid oder Herbizid gespritzt oder mit Chemie gedüngt zu werden. Auf ein entsprechendes Ökosiegel sollte man achten. Das Umweltbundesamt empfiehlt die von Bioland, Naturland, FSC oder Demeter als vertrauenswürdig.
„Der Funke ist endlich übergesprungen“, sagt Fenner über Ökobäume. Habe es bundesweit 2002 gerade einmal 44 Verkaufsstellen dafür gegeben, seien es dieses Jahr schon gut 800. Seit 2014 habe sich zudem die Zahl der Ökobaum-Erzeuger hierzulande verdoppelt.
Dennoch sind Ökobäume nach Erhebungen von Robin Wood mit etwa 0,6 Prozent Marktanteil noch eine kleine Nische. Klimatisch am besten wäre natürlich, die Bäume wachsen zu lassen und sie nicht abzuholzen, stellt Fenner klar. „Aber für die Seele ist es offenbar essenziell, dass zu Weihnachten ein Baum im Zimmer steht“, räumt er ein.