Einheitlicher Corona-Arbeitsschutz: Diese Regelungen gelten bald bundesweit
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/KLTODEQ64JADNONIS6HEPJMEUE.jpeg)
Lieber mit Maske: Ein Mitarbeiter von Porsche. (Symbolfoto)
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Erstmals seit Beginn der Pandemie gibt es bald konkrete bundesweit geltende Arbeitsschutzregeln, die den Schutz vor dem Coronavirus in Unternehmen regeln. Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mitteilte, sind die neuen Standards fertiggestellt und sollen zeitnah in Kraft treten. Erarbeitet wurde das Regelwerk von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie den zuständigen Ausschüssen beim Arbeitsministerium.
“Es ist wichtig, dass Beschäftigte in Zeiten der Pandemie sicher arbeiten können und vor Infektionen bei der Arbeit geschützt werden”, sagte Björn Böhning, Staatssekretär im BMAS. Das nun fertige Regelwerk klärt Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ebenso wie Fragen nach der Belüftung von Arbeitsräumen, Abstandsregeln, dem Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen, die Nutzung von Homeoffice sowie den Schutz von Mitarbeitern aus Risikogruppen.
Was für einen Stellenwert hat die Sars-CoV-2 Arbeitsschutzregel?
Die neue Sars-CoV-2 Arbeitsschutzregel soll laut Böhning verbindlich in das bestehende System des Arbeitsschutzes eingebunden werden und für die Dauer der Pandemie bundesweit gelten. Gleichwertige oder sogar strengere Regelungen in einzelnen Branchen oder Regionen sollen aber weiterhin gelten, wie die BAuA betonte. Laut BMAS treten die Regelung noch im August in Kraft, sobald sie im Ministerialblatt veröffentlicht werden. Bislang lagen seitens des BMAS lediglich Arbeitsschutzstandards vor, die aber weit weniger konkret waren.
Wie können die Regeln eingefordert werden?
Grundsätzlich obliegt es den Aufsichtsbehörden der Länder, Kontrollen durchzuführen. Halten sich Arbeitgeber an das Regelwerk, sind sie rechtlich auf der sicheren Seite. Kommt es zu Unstimmigkeiten, können die Behörden auch auf Basis von Hinweisen der Beschäftigten die Situation in einem Betrieb unter die Lupe nehmen.
Corona-Pandemie: Was müssen Arbeitgeber jetzt tun?
Zunächst einmal müssen sie sicherstellen, dass Gefährdungsbeurteilungen vorliegen und dass der Arbeitsschutz im Betrieb hinsichtlich möglicher Infektionsrisiken überprüft wird. Das soll unter Einbeziehung der Sicherheitsbeauftragten sowie Betriebsärzten erfolgen, heißt es im Regelwerk. Auch Beschäftigtenvertreter wie etwa Betriebsräte sollen “beteiligungsorientiert” einbezogen werden. Falls Mitarbeitervertretungen nicht vorhanden sind, sollen die Beschäftigten direkt eingebunden werden.
Was muss gegebenenfalls verändert werden?
Was in konkreten Situationen sinnvoll ist, hängt von der Beurteilung der vor Ort bestehenden Gefährdungen ab. In Frage kommen Maßnahmen technischer Natur (beispielsweise Trennwände oder häufigeres Lüften), organisatorischer Art (etwa die Verlagerung von Arbeit ins Homeoffice) oder Personenbezogenes (wie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen).
Welche Abstandsregeln gelten im Betrieb?
Arbeitsplätze müssen so angeordnet werden, dass zwischen den gerade arbeitenden Anwesenden stets 1,5 Meter Abstand eingehalten werden können. Wenn das nicht möglich ist und es außerdem mehr als nur kurze Kontakte im Nahbereich gibt, müssen Abtrennungen installiert werden. Solche aus transparentem Material seien zu bevorzugen, um Sichtkontakt und ausreichende Beleuchtung sicherzustellen. Bei Sitzarbeitsplätzen müssen die Trennwände 1,5 Meter hoch sein, bei Steharbeitsplätzen zwei Meter.
Gelten die Abstandsregeln auch in Pausenräumen und Fluren?
Ja. Dort sollen etwa Markierungen auf dem Boden und Änderungen der Bestuhlung die Einhaltung der Abstandsregeln ermöglichen. Auch kommen organisatorische Maßnahmen wie das Staffeln von Pausenzeiten und Ähnliches in Frage. Die Regelung gilt explizit auch für Kantinen, wo gegebenenfalls unter anderem Essensausgabezeiten zur Vermeidung von Warteschlangen verlängert werden sollen. Bei Verkehrswegen wie Fluren muss es ebenfalls möglich sein, den Mindestabstand einzuhalten, auch hier können Markierungen und Absperrungen angebracht werden.
Welche Rolle spielt das Homeoffice in der Corona-Krise?
Homeoffice als Form mobiler Arbeit biete die Möglichkeit, die Zahl der im Betrieb Anwesenden zu reduzieren und die Einhaltung von Abstandsregeln zu unterstützen – besonders, wenn in Büroräumen ansonsten die Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten, heißt es. Von einer expliziten Aussage zur Notwendigkeit von Homeoffice ist im Gegensatz zur ersten Kurzfassung der Corona-Arbeitsschutzstandards aus dem April nicht mehr die Rede. “Büroarbeit ist nach Möglichkeit im Homeoffice auszuführen”, hieß es damals seitens des BMAS.
Muss anders gelüftet werden?
“Durch verstärktes Lüften kann die Konzentration von möglicherweise in der Raumluft vorhandenen virenbelasteten Aerosolen reduziert werden”, ist es in der Neuregelung formuliert. Konkret rät diese, in Büroräumen nach 60 Minuten und in Besprechungsräumen nach 20 Minuten Aufenthalt per Stoßlüftung drei bis zehn Minuten lang für Frischluft zu sorgen, nach Möglichkeit häufiger. Die Überprüfung der Lüftung könne via Messung des Kohlenstoffdioxidanteils der Raumluft erfolgen. Eine CO₂-Konzentration bis 1000 ppm sei noch akzeptabel, während der Pandemie sei der Wert möglichst zu unterschreiten. Bislang galten laut BAuA für Arbeitsplätze 5000 ppm als Grenzwert bei Kohlenstoffdioxid.
Wie gefährlich sind Lüftungsanlagen?
Das hängt von der verwendeten Anlage ab. Das Risiko sei gering, wenn die Anlage über geeignete Filter verfüge oder viel Außenluft zuführe, heißt es. In dem Fall sollten die Anlagen möglichst viel laufen, um für viel Luftaustausch zu sorgen. Gebe es keine Filtertechnik und keine Außenluftzufuhr, sei der Betrieb der Belüftungsanlage hingegen, soweit möglich, zu vermeiden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LGIERWBTERH27G6NUR4KRVKR6E.jpeg)
Gesichtsschutzschilde empfehlen sich vor allem, wenn man Sie mit anderen Schutzmaßnahmen wie Masken kombiniert.
© Quelle: Boris Roessler/dpa
Muss auf der Arbeit eine Maske getragen werden?
Das hängt von der Situation ab: Sofern technische und organisatorische Maßnahmen die Gefährdung nicht minimieren können, seien individuelle Schutzmaßnahmen durchzuführen, gibt das neue Regelwerk vor. Infrage kommen je nach Situation einfache Mund-Nasen-Bedeckungen, medizinische Gesichtsmasken, Masken mit Filtern sowie Gesichtsschutzschilde. Bei letzteren stellt das Regelwerk klar, dass sie dem Schutz der Träger dienen, ein Fremdschutz sei nicht Bestandteil des Zulassungsverfahrens. Die neuen Standards schreiben ausdrücklich vor, dass Belastungen durch das Tragen der Schutzkleidung geprüft werden müssen – und, dass in der Folge etwa Pausenzeiten ausgedehnt werden können.
Welche Regeln gelten für Beschäftigte aus Risikogruppen?
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber prüfen, ob für besonders schutzbedürftige Beschäftigte zusätzliche, individuelle Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung durch Kollegen oder Kunden zu treffen sind. Nötig wird das, wenn etwa ein ärztliches Attest über Gefährdungsmerkmale wie Vorerkrankungen vorliegt. Zuständig sind dann Arbeitsmediziner, die dem Arbeitgeber Empfehlungen bis hin zum Tätigkeitswechsel geben können – allerdings, ohne den medizinischen Befund zu nennen.
Was für Informationen muss der Arbeitgeber geben?
Einerseits müssen Beschäftigte über Infektionsrisiken informiert werden, wenn diese etwa in Folge einer Gefährdungsbeurteilung bekannt sind. Auch muss vor Tätigkeitsbeginn über die Schutzmaßnahmen aufgeklärt werden, ebenso wie grundsätzlich zu offener Kommunikation geraten wird.
Gibt es weitere Aspekte?
Ja. Das insgesamt 23 Seiten lange Dokument finden Sie hier im Original.
RND