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Geschichtsträchtig: Deutschland mit seiner ersten grünen Bundesanleihe

Erneuerbare Energien sind nur ein Sektor, der mit den grünen Anleihen gefördert werden soll.

Erneuerbare Energien sind nur ein Sektor, der mit den grünen Anleihen gefördert werden soll.

Der 2. September 2020 wird in die Annalen als ein wichtiger Tag für nachhaltige Kapitalanlagen eingehen. Denn am Mittwoch hat der deutsche Staat die erste grüne Bundesanleihe platziert – mit einem Volumen von 6,5 Milliarden Euro. Die Nachfrage bei Investoren war immens, obwohl das Papier mit einem Zinskupon von null Prozent ausgestattet ist. Mit dem eingesammelten Geld sollen klimafreundliche Projekte der Bundesregierung finanziert werden. Der deutsche Staat ist damit einer der weltweit wichtigsten Akteure bei Ökogeldanlagen geworden. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies hat angekündigt, dass von nun an regelmäßig grüne Bundeswertpapiere emittiert werden.

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Umweltschutzanleihen werden erst im Nachhinein finanziert

Umweltschutzanleihen gibt es seit Jahren. Unternehmen und Kommunen, aber auch die Regierungen von Schweden, Polen oder den Niederlanden haben solche Papiere ausgegeben. Als einer der Pioniere gilt die staatliche KfW-Bank. Sie refinanziert mit ihren “Green Bonds – Made by KfW” ihre Kreditprogramme für energieeffizientes Bauen und für Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

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Dass der Bund nun als Nachzügler in diesen Sektor einsteigt, hat vor allem zwei Gründe. Erstens ging es darum, Projekte zu finden, für die der Vorwurf des Greenwashing ausgeschlossen werden kann – die also nur ein grünes Mäntelchen umgehängt bekommen, aber tatsächlich keine Ökoprojekte sind. Experten der Bundesregierung und der Deutschen Finanzagentur haben dafür ein ganz spezielles Verfahren erdacht: Mit den Anleihen werden Vorhaben nachträglich finanziert, die dem vorangegangenem Haushaltsjahr zugeordnet sind – im aktuellen Fall also 2019.

Was soll finanziert werden?

Projekte aus sieben Bundesministerien wurden zusammengetragen. Sie haben ein Gesamtvolumen von rund 12,7 Milliarden Euro. Da geht es um Kaufprämien für Elektroautos und die Förderung von Heizungen, die mit erneuerbaren Energien arbeiten. Die Bundesregierung unterstützt auch Kommunen bei der Anschaffung von Elektrobussen oder beim Bau von Radwegen und sie hat ein ambitioniertes Programm für den Ausbau des Schienennetzes auf den Weg gebracht.

Es geht insgesamt um fünf große Sektoren: Zum Großbereich Verkehr kommen neben Energie auch die Land- und Forstwirtschaft, Forschung und internationale Zusammenarbeit. Bei der Auswahl orientiert sich die Regierung unter anderem an den Nachhaltigkeitsstandards der Vereinten Nationen. Transparenz sei enorm wichtig, sagte eine Sprecherin der Finanzagentur dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). So sei auch geplant, den Effekt der Grünanleihen für den Klimaschutz zu dokumentieren und publik zu machen.

“Zwillingskonzept”: Sicherheitsnetz für Käufer von Grünanleihen

Zweiter Grund für die Nachzügelei: Die Fachleute haben an einem Mechanismus gebastelt, der die Liquidität der grünen Staatsanleihen garantiert. Denn dabei handelt es sich um eine Variante von Wertpapieren, die noch in relativ geringen Mengen gehandelt werden. Das kann es für Investoren unter Umständen schwer machen, die Titel zu verkaufen, wenn schnell Geld benötigt wird. Die Lösung des Problems: Die Greenbonds können in “Zwillinge” jederzeit umgetauscht werden. Das sind konventionelle Bundesanleihen mit identischen Konditionen, und diese sind an den Finanzmärkten hochgradig liquide. Das ist wichtig, denn die Papiere sind vor allem für Banken, Fondsanbieter, Pensionskassen und andere Großinvestoren gedacht. Deren Portfolios müssen zu bestimmten Anteilen mit sicheren Papieren ausgestattet sein. Das erklärt die hohe Nachfrage: “Die Aufträge im Orderbuch erreichten mehr als 33 Milliarden Euro von Anlegern weltweit, so Tammo Diemer, Mitglied der Geschäftsführung der Finanzagentur. Indes können auch Privatanleger die neue Zehnjährige über ihre Bank kaufen – allerdings bieten andere Ökoanleihen, etwa die der KfW, günstigere Konditionen.

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Deutschland als “Big Player” auf dem Finanzmarkt

Insgesamt will sich der Bund in diesem Jahr etwa 11 Milliarden Euro für grüne Projekte leihen. Die am Mittwoch platzierten Papiere haben eine Laufzeit von zehn Jahren. In einer zweiten Emission, die für das vierte Quartal geplant ist, sollen Anleihen offeriert werden, die nach fünf Jahren zurückgezahlt werden. Das Emissionsvolumen von 6,5 Milliarden Euro bei den Zehnjährigen macht allein schon gut ein Zehntel des aktuellen globalen Marktes für grüne Staatsanleihen aus. Geplant war zuvor, mindestens 4 Milliarden Euro einzusammeln.

Der deutsche Staat ist für die Grünanlagen so wichtig, weil er einer der maßgeblichen Akteure auf dem globalen Markt für Staatsanleihen ist. Kein anderes großes Industrieland kann sich zu derart günstigen Konditionen verschulden. Nur der Schweiz wird noch eine höhere Zuverlässigkeit bei der Rückzahlung zugeschrieben. Die neuen Bundespapiere werden sich deshalb in Zukunft zu einer Benchmark für Ökoanleihen entwickeln. Es werde einen starken Impuls zur Stärkung des nachhaltigen Finanzmarktes geben, so Kukies. Und das Zwillingskonzept helfe dabei, mehr Investitionen in eine umweltfreundliche Wirtschaft zu lenken.

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