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Wirtschaften für’s Gemeinwohl

Göttinger „Meetup“: Wie sich Quartiermeister mit Bier sozial engagiert

Peter Eckert erklärt, wie das Sozialunternehmen Quartiermeister funktioniert.

Peter Eckert erklärt, wie das Sozialunternehmen Quartiermeister funktioniert.

Göttingen. Die Formel ist so bestechend einfach – und sie funktioniert: "Trinke Bier und tue Gutes damit". Das "Soziale Start-Up-Unternehmen" Quartiermeister verkauft Bier und unterstützt mit einem erheblichen Gewinnanteil soziale Projekte genau dort, wo die trinkenden Kunden sind.

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Beim 5. „Sozial Entrepreneurship Meetup“ in Göttingen hat einer der Geschäftsführer von Quartiermeister, Peter Eckert, das Modell vorgestellt. Und er hat die knapp 30 Besucher begeistert. Organisiert wird das „Meetup“ seit Jahresbeginn regelmäßig vom „Südniedersachsen Innovations Campus SNIC“. Gäste sind Vertreter sozialer Unternehmen. Sie sollen Interessierten aus dem Raum Göttingen Impulse für eigene Ideen und Start-Ups geben.

An erster Stelle steht das Gemeinwohl

Es geht um soziale Ziele und eine wachsende Gemeinwohl-Ökonomie als neues ethisches Wirtschaftsmodell. Die Idee: Unternehmer und Unternehmungen schauen nicht in erster Linie auf Wachstum und Gewinnmaximierung um ihrer Selbstwillen. Sie richten ihr – durchaus wirtschaftliches – Engagement an erster Stelle danach aus, gesellschaftliche wie soziale Probleme zu lösen.

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Allein dieser Anspruch habe vor dem ersten Bierverkauf unter der Marke Quartiermeister gestanden, erzählte Eckert von den Anfängen des Unternehmens vor zehn Jahren in Berlin. „Unsere Vision war und ist eine gerechtere Wirtschaft, die für den Menschen da ist.“ Dass man mit sozial gehandeltem Toilettenpapier allerdings nicht weit kommen kann, sei schnell klar gewesen. „Das ist bei Bier natürlich anders“, so Eckert. Bier sei lokal und regional verankert und „hilft, eine Geschichte zu erzählen“.

Vier Biersorten bietet Quartiermeister an

Vier Biersorten bietet Quartiermeister an.

Und die Geschichte ist simpel: Mit Slogans wie „Bier zum Wohle anderer“ und „Gutes Bier für einen guten Zweck“ verkauft Quartiermeister inzwischen vier unterschiedliche Biere in beteiligten Kneipen im Raum Berlin und München. Die Biere werden von größeren Brauereien hergestellt und für Quartiermeister etikettiert.

Zehn Prozent der Einnahmen je Liter für einen guten Zweck

Der Clou: Die Biere kosten nicht mehr als herkömmliche Marken, aber zehn Prozent der Einnahmen je Liter gehen an soziale Einrichtungen – und zwar ausschließlich in der jeweiligen Verkaufsregion. Die Initiativen werden auf der Internetseite von Quartiermeister vorgestellt. Die Kunden entscheiden mit ihren Votes, welche Projekte unterstützt werden soll.

Peter Eckert

Peter Eckert

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Das Unternehmen habe sich sechs Prinzipien verpflichtet, erklärte Eckert. An erster Stelle: „Wir wirtschaften nicht, um reich zu werden, sondern unsere Nachbarschaft zu bereichern“. Weitere Prinzipien seien Unabhängigkeit, absolute Transparenz, regionaler Bezug, Partizipation und eine klare politische Haltung im Sinne der sozialen Ökonomie.

„Wir haben in den vergangenen Jahren Höhen und Tiefen gehabt“, räumt Eckert ein. Inzwischen sei aus dem anfänglichen Ehrenamt der beiden Gründer ein Job geworden – und ein Unternehmen mit elf Mitarbeitern. Im Schnitt verkaufe Quartiermeister am Tag 1500 Liter Bier. In diesem Jahr würden 44000 Euro an soziale Projekte ausgeschüttet – seit Firmengründung 160000 Euro.

Holz aus Entwicklungsländern für Surfbretter

Wachstum, Werbung und natürlich die Entscheidung für Bier als Geldbringer waren Themen in der abschließenden Fragerunde. Und viele konkrete Fragen zu den ersten Schritten. Den will zum Beispiel der Göttinger Agrarökonom Lloyd Blum mit einem eigenen Projekt wagen und war deshalb zum „Meetup“ gekommen.

Lloyd Blum

Lloyd Blum

Er will in Entwicklungsländern Rohlinge aus Holz für die Surfbrettproduktion in den Industrieländern fertigen lassen. Das bringe Arbeit in die armen Länder und schone die Umwelt, wenn statt Kunststoff mehr Holz für die Surfbretter genutzt wird. Dass es sich lohnt, den Weg als Sozialunternehmer einzuschlagen, beweise Quartiermeister – „das ist schon toll, was die machen“, sagt Blum.

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„Mobile Retter“ und SEND

Während der Veranstaltung stellte Dennis Brüntje auch die Projekte „Mobile Retter“ und das „Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland“ (SEND / siehe Info-Block) vor. „Mobile Retter“ ist eine Initiative, die bei Notfällen schnellere Ersthilfe ermöglichen will als es die klassischen Notdienste leisten können. Sie setzt dabei auf die Bereitschaft von Ärzten, Sanitätern, Krankenschwestern und anderen Menschen, die in der Lage sind bei Notfällen professionell zu helfen.

SEND –Netzwerk für Sozialunternehmen

In Deutschland werden technologische Innovationen auf breiter Basis gefördert - soziale und gesellschaftliche Innovationen hingegen bleiben größtenteils sich selbst überlassen. Das will das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) ändern. Der aus einer Arbeitsgruppe entstandene Verein will „Sozialunternehmer*innen“ stärken, unterstützen und Ideen vorantreiben. Er hat sich aus einer Arbeitsgruppe unter dem Dach des Bundesverbandes Deutsche Startups gebildet und ist seit einem Jahr aktiv. Dem Netzwerk haben sich nach SEND-Angaben inzwischen mehr als 250 Mitglieder angeschlossen: innovative Sozialunternehmen, aufstrebende Social Start Ups, engagierte Sozialunternehmen sowie Förderpartner aus Wirtschaft und Gesellschaft. Mehr Infos online unter send-ev.de.

Dennis Brüntje

Dennis Brüntje

Sie können sich und vor allem ihr Smartphone inklusive Ortungsdienst registrieren lassen. Befinden sie sich dann in der Nähe eines Notfallopfers, werden sie von den Rettungsleitstellen angefunkt. Vorausgesetzt, die jeweilige Kommune schließt sich der Initiative mobile-retter.de an.

Von Ulrich Schubert

GT/ET

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