Keine Abmahnwelle, aber auch keine Entwarnung
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Aufgrund der DSGVO haben die Datenschutzbehörden der Bundesländer zurzeit alle Hände voll zu tun.
© Quelle: dpa
Hannover. Einen Monat nach Inkrafttreten der umstrittenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist die befürchtete Abmahnwelle noch nicht in Sicht. „Es gibt Abmahnungen, aber im Moment keine echte Welle“, sagte der hannoversche Rechtsanwalt und Datenschutzexperte Thomas Feil. Die Industrie- und Handelskammer Hannover erklärte, dass ihr keine Fälle von DSGVO-Abmahnungen in der Region bekannt seien. In den vergangenen Monaten hatten Wirtschaftsverbände befürchtet, dass mittelständische Unternehmen mit teuren Abmahnungen überzogen werden.
Laut Experte Feil ist umstritten, ob die DSGVO überhaupt eine Grundlage für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bietet. Außerdem sei Datenschutz für die meisten Juristen ein „sperriges Thema“. Firmen dürften nun aber nicht „in einen Winterschlaf fallen“.
Die DSGVO ermögliche auch Bürgern, Firmen auf Schmerzensgeld zu verklagen, wenn sie von einem Datenschutzverstoß betroffen sind. „Das tritt auch noch nicht in Mengen auf, aber vermehrt“, sagte Feil. Ein Beispiel aus der Praxis seien Bürger, die aufgrund von Falscheinträgen gegen Wirtschafts-Auskunfteien vorgehen. Auch könnten Bewerber Schmerzensgeld von Firmen verlangen, wenn diese sie nicht korrekt über den Umgang mit ihren Daten aufgeklärt haben.
Mehr Beschwerden bei Behörden
Außerdem melden sich zurzeit aufgrund möglicher Datenschutz-Verstöße mehr Bürger bei den zuständigen Behörden als früher. In Niedersachsen hat das Referat, das unter anderem für Banken, Händler sowie Beschäftigten-Datenschutz zuständig ist, im zweiten Quartal des Jahres rund drei Mal so viele Beschwerden registriert wie im ersten Quartal, wie ein Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten erklärte. Bei tatsächlichen Verstößen seien Bußgelder denkbar, aber auch lediglich Warnungen, Hinweise oder Anordnungen. Man werde mit Augenmaß vorgehen, betonte der Sprecher.
Außerdem haben Unternehmen in den vergangenen drei Monaten bereits mehr Datenpannen gemeldet als im gesamten letzten Jahr. Dabei müsse man berücksichtigen, dass die Meldepflicht für solche Ereignisse durch die DSGVO verschärft wurde, erklärte der Sprecher.
Von Christian Wölbert