Lebensversicherungen: Allianz Leben hält die Verzinsung stabil
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Logo und Schriftzug der Allianz, aufgenommen auf dem Gelände des Versicherers in Unterföhring.
© Quelle: Andreas Gebert/dpa
München. Volker Priebe klingt zufrieden. „Das ist eine starke Botschaft“, findet der Produktvorstand von Allianz Leben in Stuttgart. Er meint damit die Ankündigung von Deutschlands führendem Lebensversicherer, die Gesamtverzinsung seiner Policen nächstes Jahr stabil zu halten. Für den, der noch einen klassischen Vertrag mit garantiertem Zuwachs besitzt, bedeutet das unverändert 2,9 Prozent. Wer eine neuere Police mit deutlich abgesenkten Garantien hält, kann auf 3,2 Prozent Verzinsung bauen.
Abgesenkt heißt, dass je nach Variante des Vertrags nur noch eine Rückzahlung von 90 oder 60 Prozent der eingezahlten Gelder garantiert wird. Mehr Zins wird durch mehr Risiko erkauft. Das liegt im Markttrend. Jeder zweite Neukunde hat 2021 die beiden Varianten mit 80 und 60 Prozent garantiertem Beitragserhalt gewählt, verrät der Versicherer. Je jünger der Kunde ist, desto höher seine Risikobereitschaft.
Klassische Policen werden kaum noch neu angeboten. Denn 2022 sinkt der staatlich maximal erlaubte Garantiezins dafür von 0,9 auf 0,25 Prozent und bleibt dort mindestens auch 2023. Eine Trendwende beim Zins im Euroraum ist nicht in Sicht. Lebenspolicen sind aber der Deutschen liebstes Produkt zur Altersvorsorge. Auf 83 Millionen Bürger kommen rund 86 Millionen Verträge.
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Um das Neugeschäft wegen Niedrigzinsen bei aktuell gleichzeitig anschwellender Inflation nicht aussterben zu lassen, hat die Branche, angetrieben von Marktführer Allianz, neue Generationen von Lebenspolicen erfunden. Die garantieren keinen Zuwachs mehr, sondern nur noch maximal mögliche Verluste. Das wiederum eröffnet Freiräume in der Kapitalanlage, weil nicht mehr so viel Geld für Garantien zurückgehalten werden muss. So lange alles gut geht, rentieren sich garantiereduzierte Produkte – wie am Beispiel Allianz ersichtlich – deshalb besser als solche mit höheren Garantien. Wenn es einmal nicht gut gehen sollte, sind Verluste die Kehrseite der Medaille.
Allianz gilt als Trendsetter
Die Allianz gilt allgemein als Trendsetter der Branche. In puncto stabiler Verzinsung ist das für 2022 aber nicht ausgemacht. Kleinere Versicherer wie die Alte Leipziger haben bereits Absenkungen bekanntgegeben. In dem Fall geht es bei der Gesamtverzinsung von 2,65 auf 2,40 Prozent zurück.
Axel Kleinlein als Chef des Bundes der Versicherten erwartet, dass noch weitere Versicherer für 2022 kürzen müssen, weil die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank mit einem Zinsniveau um den Nullpunkt dazu zwingt. Denn Versicherungsriese Allianz, der für seine lebensversicherten Kunden 323 Milliarden Euro anlegt, stehe weit stabiler da als mancher Konkurrent.
Priebe rühmt indessen auch eine große Anlageexpertise. „Ein Drittel unserer Anlagen steckt in nicht börsennotierten Werten“, erklärt er. Darauf hätten Normalanlegende sonst keinen Zugriff. Die Allianz nimmt für sich auch in Anspruch, besonders nachhaltig anzulegen und zwar in Wind- oder Solarparks, grüne Immobilien oder nachhaltige Unternehmensanleihen.
Kleinlein hält Versprechen für irreführend
Kleinlein hat nachgerechnet. Nur etwa 20 der 323 Milliarden Euro Kundengelder seien wirklich nachhaltig investiert, sagt er, und ist auch sonst alles andere als davon überzeugt, dass bei der Allianz Lebensversicherte ein gutes Geschäft machen. Das Versprechen von rund 3 Prozent Gesamtverzinsung hält er für irreführend. „Die tatsächliche Rendite hängt nicht nur von der Gesamtverzinsung ab, sondern auch von der Kostenbelastung“, stellt er klar.
Denn die Zinsaussage bezieht sich nur auf den Sparanteil von Beiträgen. Von denen werden aber vorab Provisionen für Maklerinnen und Makler und Verwaltungsgebühren abgezogen. Die sind happig. Deutsche Lebensversicherer haben nach Branchenstatistiken 2020 rund 10 Milliarden Euro an Abschluss- und Verwaltungskosten einbehalten. Das Gros davon entfällt auf Provisionen, die 5 Prozent oder mehr betragen können. Die Allianz nennt keine Quoten dafür. „Die prozentualen Vertriebskosten gehen leicht zurück“, sagt Priebe lediglich vage.
Rechnet man Provisionen und Gebühren mit ein, dreht aber die Rendite mancher Police ins Negative. „Das kann zu einem echten Verlust führen“, warnt Kleinlein. Das gelte vor allem, wenn die Auszahlung einer Lebenspolice nicht auf einen Schlag, sondern monatlich per Verrentung erfolgt. In dem Fall würden die Versicherer nämlich unrealistisch lange Lebenserwartungen unterstellen. Marktüblich sei eine Spanne von 95 bis 102 Jahren. So alt müsste ein Lebensversicherter werden, dass er per monatlicher Überweisung aufaddiert mehr herausbekommt, als er einmal per Beitrag eingezahlt hat.
Das statistische Bundesamt habe inklusive medizinischem Fortschritt dagegen für heute 60-Jährige gut 84 Jahre Lebenserwartung errechnet, sagt Kleinlein. Da sei ein Corona-Effekt, der die Lebenserwartung um bis zu zwei Jahre absenken könne, noch nicht eingerechnet. „Das Hauptproblem ist die Verrentung“, sagt der BdV-Chef zu seiner Systemkritik an der Lebensversicherung. Daneben würden vor allem Provisionen die Rendite schmälern. Ob die neue Bundesregierung daran etwas ändert, kann er nur hoffen, hat aber keine gute Vorahnung. Es rieche nach Stillstand.