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Oldtimer mit E‑Motor: Wieso diese Firmen alte Klassiker umrüsten

Aston Martin - DB6 - Lunaz HQ

45 Fahrzeuge hat Lunaz bisher umgerüstet.

Dass der VW Käfer sowohl Ausdruck als auch einer der Katalysatoren des bundesdeutschen Wirtschaftswunders war, werden Historiker und Historikerinnen nicht in Abrede stellen. Dass man für das einstige Brot-und-Butter-Auto heute durchaus um die 150.000 Euro ausgeben kann, „das überrascht schon“, sagt Constantin Hack. Erst der zweite Blick lasse erkennen, dass man es mit einem sogenannten Restomod zu tun habe, so der Experte für automobile Klassiker beim Auto Club Europa (ACE). Restomod – diese Wortschöpfung aus den Begriffen Restauration und Modifikation meint einen aufbereiteten und technisch modifizierten Oldtimer.

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Einige Unternehmen, wie eClassics aus dem schwäbischen Renningen, haben sich darauf spezialisiert automobile Klassiker zu elektrifizieren. Das knapp 155.000 Euro teure Käfer-Cabrio von eClassics wird nun nicht mehr vom für ihn einst typischen, ein wenig schwachbrüstigen Boxermotor angetrieben, sondern von einem potenten 83-PS-Elektroherz, das ursprünglich für den VW E-Up entwickelt worden war.

Wer sein Fahrzeug mitbringt, spart die Hälfte

Überhaupt setzt man auf Know-how aus Wolfsburg, so auch bei der „in exklusiver Zusammenarbeit mit VW“ konzipierten neuen Bodengruppe, wie es auf der Website des Unternehmens heißt. Möglich ist das, „weil wir 2019 einen Lizenz- und Liefervertrag mit Volkswagen Group Components geschlossen haben“, erklärt Martin Acevedo.

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Der Geschäftsführer von eClassics verweist zudem darauf, dass neben den bisher angebotenen Umbauten für den Käfer und die Busmodelle T1 bis T3 nach Absprache auch Umbauten für Buggy, historische Golf-Modelle oder den Karmann Ghia möglich seien. Stückzahlen verkaufter Autos möchte er aber nicht nennen.

Wer sein eigenes Fahrzeug bereits mitbringt, spart die Hälfte – wobei die dann anfallenden 75.000 Euro auch kein Schnäppchen sind. Hack vermutet, „dass die Käufer Early Adopter, also Elektronerds, sind, die mit einem schicken Klassiker unterwegs sein wollen, das aber auf der Höhe der Zeit, elektrisch“.

300.00 Euro für den E‑Type Zero – wenn es ihn geben würde

Man ahnt es bereits: Wenn für die Elektrifizierung eines Kleinwagens schon der Gegenwert eines Porsche Taycan Turbo Cross Turismo anfällt, muss der geneigte Oldtimer-Connaisseur für einen elektrifizierten Jaguar E‑Type, das „schönste Auto der Welt“, wie Enzo Ferrari den Klassiker einmal nannte, deutlich tiefer in die Tasche greifen. Keine Kleinschmiede aber, sondern Jaguar selbst präsentierte 2017 den E‑Type Zero und kündigte ein Jahr später die Serienreife für 2020 an.

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Rund 300.000 Euro hätte die Großkatze aus eigener Züchtung dann kosten sollen. Konjunktiv. Denn obwohl im Mai 2018 niemand Geringeres als Prinz Harry und Meghan Markle im himmelblauen Prototyp Hochzeit feierten, warten potenzielle Interessenten und Interessentinnen bis heute auf ihr neues altes Traumauto. Bereits 2019 hatte Jaguar Land Rover Classic informiert, „die Entwicklung des Serienfahrzeugs vorerst auszusetzen“.

David Beckham ist dabei

Helfen könnte vielleicht Lunaz Design. 2018 von David Lorenz gegründet und stilbewusst in Silverstone angesiedelt – die gleichnamige traditionsträchtige Rennstrecke gilt als Geburtsort der Formel 1 –, baut Lunaz hochkarätige englische Klassiker à la Rolls-Royce Phantom V oder Jaguar XK 120 zum Elektroauto um. Kostenpunkt für ein Komplettfahrzeug: 400.000 Euro. Das aber steht dank moderner Komfortfeatures wie Klimaanlage, Traktionskontrolle, ABS sowie modernerer Rostvorsorge zweifellos besser da als einst der Neuwagen.

45 Fahrzeuge hat Lunaz bisher gebaut. „Aus Respekt vor unseren Kunden möchten wir aber keine Auskunft darüber geben, wie viele davon bereits ausgeliefert wurden“, sagt James Warren. Das neueste Projekt, die Elektrifizierung des Aston Martin DB6 – erste Exemplare wolle man Anfang 2023 ausliefern, so der Lunaz-Marketingchef –, und die Tatsache, dass sich kürzlich der ehemalige Fußballstar David Beckham bei Lunaz eingekauft hat, lässt aber die Annahme zu, dass das Unternehmen auf dem Weg zur Erfolgsgeschichte bereits deutlich vorangekommen ist.

David Lorenz - Founder, David Beckham Investor

Prominente Unterstützung: David Beckham mit Lunaz-Gründer David Lorenz (links).

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„The Future of Classic is Electric“

Längst denken die Macher auch über das Volant klassischer Renner hinaus. „Wir bieten unsere Lösungen zur Elektrifizierung heute nicht nur für diese Ikonen an“, so Warren. Vielmehr wolle man in Zukunft auch Nutzfahrzeuge umrüsten, um ihnen, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, ein zweites Leben zu bescheren. Rund 100 handverlesene Fachleute arbeiten mittlerweile bei Lunaz, darunter Koryphäen wie Jon Hilton.

Der technische Direktor war einst Motorenentwickler bei Rolls-Royce und wechselte dann als Chefingenieur in die Formel 1, wo er bei Benetton und später bei Renault Anteil an den WM-Titeln von Michael Schumacher und Fernando Alonso hatte. Heute aber, nach all dem Renngetöse und Benzingestank, lautet Hiltons Mantra: „The future of classic is electric“ – die Zukunft automobiler Klassiker liegt in der Elektrifizierung.

Je weniger, desto wertvoller

Diese Meinung teilen allerdings nicht alle. „Es gibt durchaus Leute, die das als Sakrileg empfinden“, weiß Constantin Hack. „Die lehnen, falls kein Originalersatz beschafft werden kann, selbst den Austausch noch kleinster Teile ab.“ Letztlich komme es auf die Stückzahl an, so der Journalist. „Ein Auto, von dem nur noch eine Handvoll Exemplare existiert, ist schützenswerter als eines, von dem Hunderttausende produziert wurden. Andererseits kann eine Umrüstung ein Auto retten, das sonst vielleicht in der Schrottpresse landen würde.“ An Reversibilität, also die Möglichkeit eines kompletten Rückbaus, den auch Lunaz und eClassics anbieten, glaubt Hack eher nicht. „Hundert Prozent lassen sich kaum erreichen, irgendeine Kleinigkeit wird immer fehlen.“

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