Rente mit 68: Lässt sich das längere Arbeiten noch verhindern?

Die Rente soll man genießen – aber ab welchem Alter?

Die Rente soll man genießen – aber ab welchem Alter?

Hannover. Mit 68 Jahren in Rente – der Vorschlag aus dem wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums hat in dieser Woche viel Empörung bei linken Parteien und Gewerkschaften ausgelöst. Selbst Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) distanzierte sich von der Idee. Doch welche Alternativen gibt es, um das Rentenalter und das Rentenniveau stabil zu halten und gleichzeitig die Rentenkassen vor dem Kollaps zu bewahren?

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So wie jetzt geht es mit der gesetzlichen Rente auf lange Sicht nicht weiter: Noch bis Ende 2025 greift die doppelte Haltelinie aus dem jüngsten Rentenpaket – Beiträge und Leistungsniveau sollen bis dahin stabil bleiben. Die Schonung von Rentnern und Beitragszahlern wird mit Steuermitteln erkauft.

Der Bund bezuschusst die Rentenversicherung derzeit mit mehr als 100 Milliarden Euro jährlich. Und weil wegen des demografischen Wandels immer weniger Beschäftigte immer mehr Rentnern gegenüberstehen, wächst die Finanzierungslücke bei der Rentenversicherung immer weiter. Dass Reformbedarf besteht, ist deshalb Konsens. In welche Richtung die Reformen gehen sollen, hingegen nicht.

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Die Rente mit 68 – aber mit Kniffen

Für die Rente mit 68 spricht vor allem, dass sie Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen höhere Sozialbeiträge ersparen würde. Doch die Belastungen besonders für ältere Arbeitnehmer wären groß – was auch Befürworterinnen und Befürworter eines höheren Renteneintrittsalters wissen. „Im Grunde müsste man Erwerbsverläufe, Aus- und Weiterbildung in dem Kontext neu denken“, twitterte etwa die Ökonomin Veronika Grimm, die als Mitglied im Sachverständigenrat die Bundesregierung berät.

Die Idee dahinter: Wer in jungen Jahren beispielsweise als Maurer arbeitet, soll darauf nicht bis zum 68. Lebensjahr festgenagelt sein – sondern könnte den Beruf wechseln, wenn es zu anstrengend wird. Dann würde nicht nur das gesetzliche, sondern auch das tatsächliche Renteneintrittsalter steigen. Schon jetzt fallen viele Beschäftigte wegen Überlastung vor dem 65. Lebensjahr als Rentenbeitragszahler aus.

Ökonom Truger: Mehr Beitragszahler nötig

„Eine Stabilisierung der Rentenversicherung ist auch mit anderen Maßnahmen möglich“, meint hingegen Achim Truger, ebenfalls Ökonom im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Er würde lieber die Rentenkassen bei sogenannten versicherungsfremden Leistungen entlasten. Die Witwenrente etwa fußt nicht auf zuvor erworbenen Ansprüchen, wird aber trotzdem von der Rentenversicherung statt vom Fiskus bezahlt.

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Vor allem glaubt Truger aber, dass trotz des demografischen Wandels mehr Beitragszahler gewonnen werden können, etwa durch eine Ausweitung der Frauenerwerbstätigkeit und gesetzliche Einschränkungen bei Minijobs. Auch Migration „gezielt mit Blick auf den Arbeitsmarkt“ würde Truger zufolge helfen – ebenso wie Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung.

Gepaart mit einem „moderaten Anstieg der Rentenversicherungsbeiträge über die 20 Prozent hinaus in kleinen Schritten“ könne all das das Rentensystem stabilisieren, sagte Truger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

IG Metall will höhere Renten – und höhere Beiträge

Einen Schritt weiter geht die IG Metall, die ausweislich ihres Rentenkonzepts sogar höhere Altersbezüge vor allem für Geringverdiener will. „Wir brauchen einen grundlegenden Kurswechsel in der Alterssicherungspolitik. Auskömmliche Renten, gerecht und nachhaltig finanziert – das muss das zentrale Ziel sein“, sagte Vorstand Hans-Jürgen Urban dem RND. Es dürfe nicht „um möglichst niedrige Beiträge für Arbeitgeber bei Zusatzbelastungen durch Privatvorsorge allein für die Beschäftigten“ gehen, so der Gewerkschafter weiter.

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Statt der Rente mit 68 fordere die IG Metall deshalb „eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen“ Wie Truger hält auch Urban eine moderate Steigerung des Beitragssatzes für nötig. „Unsere Umfragen zeigen: eine große Mehrheit der Beschäftigten wäre bereit, höhere Rentenbeiträge zu zahlen, wenn sie später auch eine auskömmliche Rente zu erwarten hätten.“

Die FDP setzt auf Aktien

Statt auf die Rettung des Umlageverfahrens setzt die FDP im Wahlkampf auf eine Aktienrente als neue Säule des Rentensystems. 2 Prozent vom Bruttolohn würden alle Beschäftigten dann an Rentenfonds abführen – frei nach dem schwedischen Vorbild, wo der staatliche AP7-Rentenfonds seit Jahrzehnten im Durchschnitt zweistellige Renditen pro Jahr abwirft. Einen ähnlichen Vorschlag hatten hiesige Verbraucherschützer vor knapp zwei Jahren gemacht.

Denn auf lange Sicht, das zeigen zahllose Studien, sind Kapitalmarktinvestments zur Altersvorsorge durchaus lukrativ, jedenfalls wenn man – wie ein großer Rentenfonds – zeitweilige Kurseinbrüche aussitzen kann. In einer Übergangsphase, bis genug Renditen erwirtschaftet werden, würde die Aktienrente aber womöglich mehr Kosten als das bisherige Rentensystem, heißt es in der Begleitstudie zum FDP-Vorstoß.

Eine Aufgabe für die nächste Regierung

Ob und wie das gesetzliche Rentensystem reformiert wird, entscheidet trotz der aktuellen Aufregung wohl frühestens die nächste Bundesregierung. Aus Trugers Sicht drängt die Zeit dabei nicht: „Die doppelte Haltelinie gilt noch bis 2026, bis 2031 wird das Rentenalter ohnehin bereits schrittweise auf 67 Jahre erhöht. Zudem halten sich bis dahin die Erhöhungen von Beitragssatz oder Bundeszuschuss in engen Grenzen.“ Zeit genug also, die verschiedenen Konzepte abzuwägen.

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