Weltweiter Vergleich zeigt: Deutsche Mobilfunktarife besser als ihr Ruf
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/43NXJT775RFI7FGQZ4EIJGXYRA.jpg)
In der Kategorie Gelegenheits- und Normalnutzer kommt Deutschland im Vergleich der zwölf Länder auf Rang vier der günstigsten Handynationen.
© Quelle: imago images/Panthermedia
München. Mobilfunktarife stehen hierzulande im Ruf überteuert zu sein. Der IT-Branchenverband Bitkom hat das auf Preisvergleiche spezialisierte Marktforschungsunternehmen Tarifica beauftragt, das deutsche Preisniveau für mobiles Surfen und Telefonieren in Europa, aber auch mit den USA und Japan zu vergleichen. Die Ergebnisse überraschen. „Vor allem Einsteigertarife sind in Deutschland vergleichsweise günstig“, fasst Bitkom-Chef Achim Berg eine Erkenntnis zusammen. In der Kategorie Gelegenheits- und Normalnutzer kommt Deutschland im Vergleich der zwölf Länder auf Rang vier der günstigsten Handynationen. Bei höherwertigen Tarifen für Experten und extreme Vielnutzer fallen deutsche Anbieter auf Rang sechs bis sieben zurück.
Das werde aber auch von der deutschen Besonderheit des Zero-Rating begleitet, das Vergleiche verzerrt, betonte Berg. Darunter versteht man, dass bei Premiumtarifen oft eine große Bandbreite an Mehrwegdiensten enthalten ist, die nicht auf das Datenvolumen angerechnet wird. Das reicht von Video über Musik bis Gaming und zur Nutzung sozialer Medien.
So viele Anbieter aktiv wie sonst nirgends
Berg erklärt die nicht unbedingt erwarteten Ergebnisse vor allem auch damit, dass in Deutschland so viele Anbieter am Markt aktiv sind wie in sonst keinem der untersuchten Länder. Das schaffe Preisdruck. Das weit verbreitete schlechte Preisimage führt der Bitkom-Chef auf die Zeit des Roaming mit seinen teilweise hohen Preisaufschlägen zurück, das von der EU aber seit einigen Jahren massiv entschärft wurde. Möglicherweise sitzen aber auch noch viele Deutsche auf relativ teuren Altverträgen. Vielnutzer würden ihren Tarif in der Jagd nach dem günstigsten Angebot allerdings recht häufig wechseln, betont Berg. „Da reichen oft einige Cent“, sagt er.
Verbraucherschützer kritisieren Auswahl der Länder
Verbraucherschützer zweifeln die Aussagen der Studie allerdings an. Die Länderauswahl sei für das Ergebnis mit Deutschland im guten Mittelfeld auf den ersten Blick mitverantwortlich, kritisiert Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Hätte man beispielsweise beim Mobilfunk billige baltische Länder oder Israel mit in den Vergleich aufgenommen, wäre Deutschland schnell nach hinten durchgereicht worden, gibt der Experte zu bedenken. In seiner täglichen Arbeit ist er zudem mit vielen Verbraucherbeschwerden zur Branche konfrontiert. Die beträfen Funklöcher, mangelnde Erreichbarkeit bei Fragen, Abrechnungsprobleme und auch untergeschobene Verträge.
Wer rein auf den Preis schaut und sich auf die von Bitkom untersuchten zwölf Länder beschränkt, surft und telefoniert durchweg günstiger als in Deutschland, laut Studie, nur in Polen und Italien. Durchweg teurer ist es dagegen in der Schweiz, den USA und Japan. Mit Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Spanien oder den Niederlanden oder Skandinavien lägen deutsche Tarife dagegen auf ähnlichem Niveau.
Günstigster deutscher Tarif: 4,50 Euro monatlich
Verglichen hat Tarifica Angebote, die im August und September auf den Märkten der zwölf Länder waren, für sechs Nutzertypen. Die reichen von Gelegenheitsnutzer, die monatlich nicht mehr als ein Gigabyte (GB) Datenvolumen verbrauchen, ohne Telefonfreiminuten auskommen und sich mit maximal 20 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) Downloadgeschwindigkeit begnügen bis zu Extremnutzern mit 40 GB monatlichem Datenvolumen, minimal 250 Freiminuten sowie 200 Mbit/s Geschwindigkeit. Der deutsche Durchschnittsnutzer verbraucht monatlich rund 2,6 GB Datenvolumen und telefoniert 74 Minuten mobil.
Im günstigsten Einsteigertarif zahlen deutsche Mobilfunkkunden 4,50 Euro pro Monat, wobei Einmalkosten wie Telefonnummernmitnahme eingerechnet sind. Im günstigeren Polen sind es zwei Euro, in der teuren Schweiz dagegen 14 Euro. Normalnutzer können hierzulande für acht Euro im Monat einen Anbieter finden. Der Nutzertyp Gamer muss im günstigsten Fall 18,75 Euro berappen. Für extreme Vielnutzer beginnt das Angebot bei 26 Euro.
Bei Datenvolumen und Freiminuten auch in Deutschland Preisunterschiede
Die Studie hat auch untersucht, wie stark die Angebote innerhalb der sechs Nutzergruppen je Land streuen. Auch da ist Deutschland relativ verbraucherfreundlich. Hierzulande liegen der billigste und teuerste Anbieter jeweils recht nahe zusammen – speziell für Mobilfunknutzer, die wenig Datenvolumen und Freiminuten brauchen. In anderen Ländern sind die Unterschiede teils viel größer.
Bei Nutzern, die viel Datenvolumen und viele Freiminuten brauchen, sind die Preisunterschiede dann auch in Deutschland stärker gespreizt. Das liegt auch daran, dass Mobilfunkdiscounter, die über kein eigenes Netz verfügen, keine Toptarife anbieten. Vor allem mit solchen Premiumnutzern machen Netzbetreiber in Deutschland ihren Umsatz.