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Wer kommt für Corona-Schäden auf? Versicherungspolicen in der Diskussion

Experten schätzen, dass Versicherer wie die Allianz global mit knapp 100 Milliarden Euro wegen Corona-Schäden zur Kasse gebeten werden könnten.

Experten schätzen, dass Versicherer wie die Allianz global mit knapp 100 Milliarden Euro wegen Corona-Schäden zur Kasse gebeten werden könnten.

Die Pandemie wird sich zu einem der größten Versicherungsschäden aller Zeiten aufsummieren. Daran zweifelt in der Branche niemand. Die britische Lloyd’s schätzt, dass Versicherer global mit knapp 100 Milliarden Euro zur Kasse gebeten werden könnten, wobei allein ein Drittel dieser Summe auf Ausfallversicherungen für Großveranstaltungen von Sport bis Kultur entfällt. Insofern ist die Lage beim Allianz-Industrieversicherer AGCS ein Spiegelbild der Situation. Von der knappen halben Milliarde Euro, die AGCS bereits für Corona-Schaden reserviert hat, betreffe ein Großteil abgesagte Veranstaltungen und abgebrochene Filmdrehs, verrät AGCS-Schadenvorstand Thomas Sepp. Bei der Versicherung der Filmwirtschaft ist die Allianz Marktführer.

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AGCS: Pandemierisiken schwer versicherbar

Aber das sind nur die Fälle, wo sich die Allianz in der Zahlungspflicht sieht. Denn mittlerweile tobt weltweit ein Streit, welche Corona-Schäden die Assekuranz begleichen muss. In Deutschland geht es dabei vor allem um Betriebsschließungsversicherungen (BSV) für Gastwirte, die laut Allianz eine Pandemie nicht abdecken. Betroffene sehen das anders. Deshalb schwillt vor deutschen Gerichten gerade eine Klagewelle an. “Wir fühlen uns in einer komfortablen Situation”, sagt Sepp dazu kurz angebunden. Das soll heißen, dass die Allianz davon ausgeht, vor Gericht Recht zu bekommen, weil die eigenen Policen wasserdicht formuliert sind.

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“Es ist kaum machbar, das zu versichern, das ist unmöglich bei dieser Größenordnung”, sagt Sepp mit Blick auf Pandemierisiken. Hinter den Kulissen will die Assekuranz deshalb die Politik überzeugen, eine staatlich mitfinanzierte Pandemieversicherung zu schaffen, um das Risiko auf diese Weise künftig versicherbar zu machen.

“Wir diskutieren das Thema in der Allianz”, sagt Sepp. Auch mit anderen Versicherern spreche man. Zu Wort gemeldet hat sich bereits der Münchner Allianz-Nachbar Munich Re, aber auch die deutsche Industrie und Versicherungsmakler. Im Fokus steht dabei ein staatlich gestützter Risikopool, an dem sich Versicherer mit begrenzter Kapazität beteiligen können.

Versicherungsfrage wird weltweit diskutiert

Als Vorbild dient der Terrorversicherer Extremus, der 2002 als Reaktion auf den Terroranschlag auf das World Trade Center in New York gegründet wurde. Er deckt Terrorschäden bis zu 9 Milliarden Euro ab, wobei die Assekuranz für die ersten 2,5 Milliarden Euro geradesteht und der Staat für den Rest.

Auf diese Weise könne man Pandemierisiken versicherbar machen, wirbt Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek. Ähnlich sehen es der Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) und der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM). Entweder solle die Pandemieversicherung unter dem Dach von Extremus angesiedelt werden oder eine eigenständige Gesellschaft ähnlichen Zuschnitts erhalten, sagen beide. Die Police müsse für Firmen aller Größen und Selbstständige zur Verfügung stehen.

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Aktuell ist die Versicherungswirtschaft global unter Druck, weil nicht nur die Allianz die Übernahme von Corona-Schäden ablehnt und das mit dem Kleingedruckten in den Policen begründet. In Großbritannien klagt deshalb die Finanzaufsicht vor dem obersten Gerichtshof wegen BSV-Policen, um für Hunderttausende Versicherte rasch ein Grundsatzurteil zu erstreiten. In den USA werden Gesetzesinitiativen diskutiert, um Versicherer bei Policen zur Betriebsunterbrechung, die eigentlich einen Sachschaden wie Feuer voraussetzen, notfalls nachträglich in die Pflicht zu nehmen.

“Dagegen würden wir uns mit allen Mitteln wehren”, sagt Sepp. In Deutschland tut das die Allianz bereits. In zwei Wochen will das Landgericht München mehrere Urteile im Streit um BSV-Policen fällen. Dann dürfte klar werden, ob die Allianz sie wirklich wasserdicht formuliert hat.

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