Wohnmobil oder Wohnwagen: Für wen eignet sich was?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/4HUA76VRHRCBLDOTD7ATLDAEEM.jpg)
Ein Wohnmobil vermittelt das Gefühl von Freiheit und ermöglicht einen spontanen Urlaub.
© Quelle: Andrey Armyagov / Shutterstock.com
Wohnwagen oder Wohnmobil? Die Gretchenfrage für alle Einsteiger in den Caravaning-Urlaub ist so alt, wie es die beiden Arten des mobilen Reisens auf Rädern gibt. Und sie wird in diesen Corona-Zeiten wieder häufiger gestellt, weil die Branche einen anhaltenden Zuwachs an Neulingen registriert. Ob es nun die Coolness der Camper-Vans und Reisemobile ist, die dem Eigenheim auf vier Rädern eindeutig den größeren Zulauf beschert, oder ob potenzielle Kundinnen und Kunden lediglich wie Lemminge einem Trend folgen, sei einmal dahingestellt. Auch die Wohnwagensparte verzeichnet ein Plus. Für alle Unentschlossenen wollen wir das Für und Wider beider Caravaning-Welten, auch anhand eines Praxisvergleichs, hier objektiv gegenüberstellen.
Die Rolle des Führerscheins
Zunächst muss geklärt werden: Was darf ich überhaupt fahren? Für Führerscheinbesitzerinnen und -besitzer, die vor 1999 ihre Fahrerlaubnis der alten Klasse drei erworben haben, ist das ganz einfach. Sie dürfen Wohnmobile bis zu 7,5 Tonnen Gesamtgewicht steuern und Gespanne sogar mit einer Zuggesamtmasse von 18,5 Tonnen. Das verringert sich ab dem 50. Lebensjahr zwar auf zwölf Tonnen, was aber selbst für die Dickschiffe unter den Caravans reichen dürfte.
Mit dem B-Führerschein (nach 1999) wurde das Gewichtslimit beim Reisemobil auf 3,5 Tonnen begrenzt. Gleiches gilt für das Zugfahrzeug, das jetzt nur noch einen Wohnwagen bis 750 Kilogramm Gesamtgewicht anhängen darf. Ein schwererer Anhänger ist nur erlaubt, wenn das Gespann insgesamt die 3,5 Tonnen nicht übersteigt. Mit der Führerscheinerweiterung B96, die mit einer eintägigen Schulung ohne Prüfung erlangt werden kann, darf das Gespann auch 4,25 Tonnen auf die Waage bringen. Wesentlich aufwendiger ist der Erwerb des eigenständigen Anhängerführerscheins Klasse BE, mit dem man Trailer bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen kann.
Preis-Leistung im Vergleich
Bei unserem Testgespann, einem Kia Stonic mit einem T@B-Wohnwagen Mexican Sunset 320 im Schlepptau, gibt es da keinerlei Probleme, da Zugfahrzeug (1710 kg) und Caravan (800 kg) fast noch eine Tonne Luft haben bis zum 3,5-Tonnen-Limit. Diese Kombination streicht einen wesentlichen Vorteil des Wohnwagens heraus: einen günstigen Einstiegspreis. Der kultige T@B im Look der aus den USA stammenden Teardrop-Caravans wird schon ab 12.000 Euro angeboten. Und sofern bereits ein Pkw zum Hausstand gehört, bedarf es lediglich einer Anhängerkupplung, um in den Urlaub starten zu können.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YEZF6262ARBSTCN62WW7FMBUJU.jpg)
Der Kia Stonic mit einem T@B-Wohnwagen Mexican Sunset 320 fällt im Design durch seine Gelb-Schwarz-Kombination auf.
© Quelle: Kia
Selbst wenn das Zugfahrzeug, in diesem Fall das topausgestattete Kompakt-SUV Stonic mit Dreizylinder-Turbo und 120 PS, mit fast 30.000 Euro noch dazugerechnet wird oder gar der Mehrpreis für die größere T@B-Version 400 (ab 21.700 Euro) mit Wasch-/Toilettenraum und fest installiertem Bett, liegt die Gesamtsumme von rund 52.000 Euro immer noch deutlich unter dem Neupreis für den Knaus Boxlife 630. Der Mittelklasse-Kastenwagen-Van, den die Bayern aus Jandelsbrunn als CUV (Caravaning Utility Vehicle) anbieten, steht in der längsten Version (6,36 Meter) ab 58.290 Euro in der Preisliste, übersteigt in unserer Ausstattung aber locker die 65.000-Euro-Marke. Aber auch für ihn genügt die Führerscheinklasse B.
Und um das Preisthema abzuschließen: Bei Versicherung (Vollkasko) und Steuer erweist sich der Caravan als etwas günstiger. Der Wiederkaufswert ist aktuell in beiden Kategorien eher hoch. Service- und Wartungskosten schlagen wegen des eigenen Antriebs gewiss beim Kastenwagen stärker zu Buche. Und beim Verbrauch hatte in unserem Vergleich zwar das Gespann mit 11,2 l/100 km (Super) gegenüber dem Boxlife mit 12,0 l/100 km (Diesel) einen kleinen Vorteil, an der Kasse war wegen des teureren Sprits dennoch die höhere Rechnung zu begleichen. Unterm Strich geht das Kapitel Kosten aber an den Wohnwagen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/R4KG5S3PENC5FL3SFPZSIFPBKQ.jpg)
Der Mittelklasse-Kastenwagen-Van Knaus Boxlife 630 kann einfach mit einem B-Führerschein gefahren werden.
© Quelle: Knaus
Design und Spontanität
Dass das Design außen wie innen bei der Kaufentscheidung eine große Rolle spielt, wird keiner bestreiten. Doch das ist natürlich Geschmackssache. Dass Wohnwagen aber keineswegs eine spießige Angelegenheit sein müssen, beweist unsere in gelb-schwarz durchgestylte Kia-T@B-Kombination oder auch der gerade erst auf dem Caravan-Salon präsentierte, auf Strand-Feeling getrimmte Beachy-Caravan, der weitere unkonventionelle Nachahmer erwarten lässt.
Beim Reisemobil am meisten geschätzt wird die Spontanität. Die Freiheit, einfach loszufahren, und unterwegs, dort, wo es erlaubt ist, auch autark eine Zeitlang stehen zu können, ohne auf eine externe Stromquelle angewiesen zu sein. Das Fahren ist umso unproblematischer, je kompakter die Fahrzeugklasse gewählt wird. Mit einem Boxlife etwa sind auch kurvige, kleine Bergsträßchen kein Problem. Ebenso wenig das Rangieren, vor allem wenn eine Rückfahrkamera an Bord ist.
Hier ist das Gespann eindeutig im Nachteil. Ungeübte müssen sich auf ein ungewohntes Fahrverhalten einstellen. Da zerrt der Wohnwagen schon mal am Haken, kann der Anhänger beim Überholen eines Lkw ins Pendeln geraten und das Rangieren und Rückwärtsfahren kann zu einer schwer zu meisternden Herausforderung werden. Außerdem sind Tempolimits zu beachten – in Deutschland maximal 100 km/h. Und weil preisgünstige Wohnmobil-Stellplätze für Wohnwagen oft tabu sind, ist die Gespannfahrerin und der -fahrer eher auf Campingplätze angewiesen – was im Familienurlaub mit Kindern aber meist eh die bessere Lösung ist.
Komfort und Wohnqualität
Der Pkw-Komfort im Gegensatz zu dem meist nüchternen Ambiente und der Transporter-Akustik eines Fiat-Ducato-Cockpits ist auf langen Strecken vielleicht der einzige Vorzug, der für das Gespann spricht. Dafür spielt, am Urlaubsort angekommen, der Caravan seine Stärken aus. Für einen Ausflug in die Umgebung oder zu einem Stadtbummel in der Nähe muss nicht, wie im Knaus Boxlife, der gesamte Hausstand zusammengepackt werden. Der kompakte Kia Stonic bringt uns selbst im Falle möglicher Dieselfahrverbote bequem überall hin und findet auch in jeder Tiefgarage seinen Platz.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/A4GVQVW4XJHJRGMLK7GKIATTYU.png)
In diesem Wohnwagen muss vor dem Schlafengehen die Sitzecke in ein Bett umgewandelt werden.
© Quelle: Kia
In puncto Wohnqualität hat bei vergleichbaren Abmessungen der Wohnwagen konzeptionell Vorteile, da hier kein Fahrerhaus den Innenausbau einschränkt und deshalb einfach mehr Platz vorhanden ist. Das gilt für alle Wagengrößen, Preis- und Luxusklassen. Der kultige T@B rangiert eher auf der untersten Stufe, hat als Modell 320 in der Basisausstattung weder Kühlschrank, noch Heizung, noch Toilette an Bord, und für das geräumige Doppelbett zur Nachtruhe muss immer erst die große Rundumsitzgruppe umgebaut werden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/QDVH7WAHQNGLFNRFWG3VKPEVT4.jpg)
Das Wohnmobil von Knaus hat im Gegensatz zum Wohnwagen mehr Innenausstattung zu bieten,
© Quelle: Christian Haasz; werbeFOTO HAASZ GbR
Bei den Reisemobilen ist es ähnlich. Küche, Dusche, WC sowie ausreichend große Frisch- und Abwassertanks gehören von der Kastenwagenklasse an quasi zum Standard, selbst in der fast 70 Zentimeter kürzeren Einstiegsversion des Knaus Boxlife. Und die Skala für Wohnkomfort und -luxus ist auch hier nach oben hin weitgehend offen. Da unterscheiden sich Wohnwagen und Wohnmobil also kaum.
Wie lautet das Fazit?
Wer immer nur an einem Ferienort bleibt, Campingplätze liebt und Familienurlaub macht, ist mit einem Gespann besser bedient. Für den Rundreiseurlaub mit zwei Übernachtungen hier und zwei Übernachtungen dort, vielleicht auch noch an einem einsamen Plätzchen in der Natur, wo immer das erlaubt ist, eignet sich am besten ein Reisemobil. Ob mit mehr oder weniger Komfort, ob in kompakter oder großzügiger Ausprägung ist letztlich eine Frage der individuellen Vorlieben – und des Geldbeutels.