Warum Start-up-Gründer meist aus der Oberschicht stammen
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Unternehmensgründer stammen meist aus der Oberschicht und verfügen über einen entsprechenden Background.
© Quelle: imago images/emil umdorf
Berlin. Seit gut über einem Jahr bin ich Gründerin. 2021 rief ich „saint sass“ ins Leben – und habe mir in wenigen Monaten ein starkes und großartiges Start-up-Netzwerk aufgebaut. Eine Erkenntnis war jedoch ernüchternd: Die Start-up-Szene, die ich kennengelernt habe, besteht nur zu einem sehr kleinen Teil aus Menschen der sogenannten „Mittel- und Unterschicht“.
Ich habe hauptsächlich Gründer kennengelernt, die Kapital, unternehmerisches Wissen und ein großes Sicherheitsnetz von zu Hause mitkriegen. Sie lernen viele „Role Models“ schon sehr jung kennen, was außergewöhnliche Wege greifbarer und selbstverständlicher macht.
In meiner Welt gab es das nie. Und ich gönne es den Menschen von ganzem Herzen, wenn sie so aufwachsen durften. Was mich seitdem aber umtreibt, ist die Frage, was wir tun können, um mehr unentdeckte Gründungspersönlichkeiten zu aktivieren, die diese Privilegien nicht haben.
1. Vorbilder
In Deutschland gibt es viele finanzielle Förderungen für Gründer und Gründerinnen. Es scheitert nicht oft am Geld, sondern an den Schritten davor: Talent und Intelligenz sind vorhanden, das Selbstbewusstsein aber oft nicht. Es könnte mehr Gründer geben, wenn wir lokale Vorbilder aufzeigen und den Erfolgsweg, den sie gegangen sind, greifbar machen. Menschen co-orientieren sich und lernen voneinander.
2. Netzwerke
Starke Netzwerke sind wahre Schatzkisten und erhöhen die Wahrscheinlichkeit auf essenzielle Chancen. Wir brauchen Netzwerke auch fernab von München und Berlin. Mannheim macht es vor! Auch Unternehmen können dazu beitragen und eine Start-up-Szene vor Ort aufbauen oder als Sponsoringpartner mitwirken – und sich nebenbei als Arbeitgeber attraktiv machen.
3. Mentoren
Manchmal braucht es aber auch nur einen Kaffee und zwei Stunden Zeit. Im Leben vieler Menschen können einzelne Gespräche den entscheidenden Anstoß für etwas Großes geben. Das habe ich selbst schon so erlebt. Viele trauen sich nicht zu fragen, deshalb lohnt es sich, proaktiv Unterstützung anzubieten.
Wir sollten nicht auf ein Start-up-Programm der Bundesregierung warten, sondern selbst etwas dafür tun, die Gründungskultur in Deutschland zu stärken. Lasst uns gemeinsam Menschen durch unsere Unterstützung eine Chance geben, ihre Talente zu erkennen und zu entfalten.
Vivien Wysocki ist Gründerin des Modelabels saint sass, politisch engagiert und arbeitet als internationales Model. Sie studierte Medienmanagement in Hannover und lebt in Berlin. Im Wechsel mit anderen Autorinnen schreibt sie die RND-Kolumne „Chefinnensache“ über Gleichstellung, Digitalisierung und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.