Debatte um Geschäftsbericht

Warum Biontech nicht am eigenen Corona-Impfstoff zweifelt

Apothekerin Stephanie Schnare zeigt in der Torhaus-Apotheke den Impfstoff Comirnaty von Biontech.

Apothekerin Stephanie Schnare zeigt in der Torhaus-Apotheke den Impfstoff Comirnaty von Biontech.

Berlin. Seit fast anderthalb Jahren wird der Impfstoff von Biontech weltweit gegen das Coronavirus eingesetzt. Millionen Menschen bietet er Schutz gegen schwerwiegende Covid-Erkrankungen. Obwohl das bereits viele internationale Untersuchungen nachgewiesen haben, laufen Impfgegnerinnen und Impfgegner weiter Sturm gegen das Mittel. Jüngst wird mit Verweis auf ein Biontech-Dokument aus den USA dem Hersteller unterstellt, er selbst sei gar nicht überzeugt von seinem Impfstoff.

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„Biontech glaubt nicht mal selbst an die Impfung“, heißt es etwa von der AfD. Das ist so aber nicht richtig, wie das Unternehmen auch selbst klar stellt.

Faktencheck: Warum Biontech nicht am eigenen Corona-Impfstoff zweifelt

Seit fast anderthalb Jahren wird der Impfstoff von Biontech weltweit gegen das Coronavirus eingesetzt.

Laborstudien zeigten jüngst Wirksamkeit

Im Fokus der Kritik in Richtung des Mainzer Pharmaunternehmens steht dessen Bericht an die US-Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) vom 30. März 2022 über das Geschäftsjahr 2021. Ein solcher muss nach dem US-Handelsgesetz jährlich von ausländischen Aktiengesellschaften vorgelegt werden.

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Grundsätzlich verweist Biontech in diesem Bericht auf das „hohe Schutzniveau“ der Impfung. Das Mittel biete „ein hohes Maß an Schutz gegen bedenkliche Varianten, einschließlich Alpha, Beta und Delta“. Jüngste Laborstudien hätten zudem gezeigt, dass drei Impfdosen auch gegen die Variante Omikron wirkten, so das Unternehmen.

Umstrittener Satz im Bericht

Doch vor allem ein Satz im insgesamt 700 Seiten umfassenden Papier erhitzt die Gemüter. Biontech schreibt: „Vielleicht können wir nicht in der Lage sein, eine ausreichende Wirksamkeit oder Sicherheit unseres COVID-19-Impfstoffs und/oder variantenspezifischer Präparate nachzuweisen, um eine dauerhafte behördliche Zulassung in den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, der Europäischen Union oder anderen Ländern zu erhalten, in denen der Impfstoff für den Notfallgebrauch oder eine bedingte Marktzulassung erteilt wurde.“

Einige schließen daraus, dass selbst der Hersteller einräumt, ein unwirksames und unsicheres Mittel auf den Markt gebracht zu haben. Das ist laut Biontech aber nicht der Fall. „Der Artikel verweist auf sogenannte Risikofaktoren, die börsennotierte Unternehmen gemäß den Vorschriften der United States Securities and Exchange Commission (SEC) in ihrem Jahresbericht offenlegen müssen“, teilte das Unternehmen auf Anfrage des RND mit. Dadurch sollen „potenzielle Risiken“ offengelegt werden, die für Anleger bei ihrer Entscheidung mit Blick auf Investitionen wichtig sein könnten. Diese juristischen Angaben sind von der Börsenaufsicht detailliert vorgeschrieben, um mögliche Schadenersatzklagen von Investoren zu vermeiden.

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Geschäftliche Risikofaktoren gemeint

Im Biontech-Bericht führt diese Vorschrift also dazu, dass alle denkbaren Einflüsse auf den Unternehmensgewinn und die geschäftliche Entwicklung geschildert werden müssen. Damit sollen sich Investoren über sämtliche mögliche Risiken ein Bild machen können. Diese Risikofaktoren „legen nicht dar, welche Ereignisse tatsächlich eingetreten sind oder eintreten werden“, heißt es.

Zu den aufgeführten potenziellen Unwägbarkeiten gehört unter anderem auch die Konkurrenz durch andere Impfstoffe und deren Effizienz, Kosten, Transport- und Lagermöglichkeiten, Sicherheit, Nebenwirkungen und Beständigkeit der Immunantwort. Die Geschäftsergebnisse könnten auch beeinflusst werden etwa durch „das Ausmaß, in dem ein Covid-19-Vakzin in der Zukunft weiterhin nötig sein wird“, wie das Unternehmen im Bericht schreibt. Die ursprüngliche Aussage ist also im wirtschaftlichen Kontext zu verstehen - nicht im wissenschaftlichen.

Impfstoff gegen Omikron weniger wirksam - schützt aber dennoch

Derzeit gilt für den Biontech-Impfstoff Comirnaty in der Europäischen Union eine bedingte Marktzulassung. Diese wurde erstmals im Dezember 2020 erteilt und im November 2021 um ein weiteres Jahr verlängert. An die Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen werden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) dieselben Anforderungen gestellt wie an jeden anderen in der EU zugelassenen Impfstoff. Bei einer bedingten Zulassung werden Daten bewertet, sobald sie verfügbar sind - und nicht erst, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind.

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Nach einer anfänglichen Notfallzulassung in den USA hatte die Arzneimittelbehörde FDA dem Mittel bereits im August 2021 die vollständige Zulassung erteilt.

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft hat Comirnaty bei Infektion mit der Delta-Variante eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent gegen eine schwere Covid-19-Erkrankung. Bei der Omikron-Mutante zeigen erste Daten nach Angaben des Robert Koch-Instituts, dass der Schutz weniger gut ist. In einer von Pfizer finanzierten Studie betrug die Wirksamkeit nach drei Dosen gegen Krankenhauseinweisungen wegen Omikron 85 Prozent innerhalb der ersten drei Monate nach der Impfung. Sie fiel aber auf 55 Prozent nach drei Monaten oder länger. Zu keinem Zeitpunkt in der Pandemie haben namhafte Forscherinnen oder Forscher behauptet, eine Corona-Impfung schütze zu 100 Prozent vor Covid-19.

RND/dpa/mr

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