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Marihuana in Zahlen

Cannabis: die liebste (noch illegale) Droge der Deutschen

Cannabis in zwei offenen Händen. Mehr als ein Drittel der Deutschen hat bereits mindestens einmal im Leben zur Droge gegriffen.

Cannabis in zwei offenen Händen. Mehr als ein Drittel der Deutschen hat bereits mindestens einmal im Leben zur Droge gegriffen.

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Noch in diesem Jahr soll es so weit sein: Cannabis soll – wenn auch in kleinen Mengen – legalisiert werden. Bis Ende des Jahres sollen die Gesetzespläne umgesetzt sein. „Der Konsum von Cannabis ist eine gesellschaftliche Realität“, sagte Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) bei der gemeinsamen Präsentation der Pläne mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Özdemir, der selbst wegen einer Hanfpflanze vor einigen Jahren in politische Erklärungsnot geriet, liegt damit durchaus richtig.

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Denn die Illegalität hat die Deutschen bisher nicht unbedingt vom Konsum abgehalten. Mehr als ein Drittel haben nach aktuellsten Angaben der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) von 2021 bereits mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert – sei es als Joint oder in anderer Form. Nicht mit in die Wertung fließen laut DBDD ausdrücklich legale CBD-Produkte mit THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent ein. Ein Blick auf die Daten aus vorangegangenen Jahren zeigt: Die Tendenz steigt.

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Auch unter Jugendlichen ist die Droge bereits verbreitet. Insgesamt haben nach den Angaben 9,3 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen 2021 mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert. Sowohl bei Erwachsenen als auch bei den Minderjährigen ist Cannabis damit die prominenteste unter den illegalen Drogen in Deutschland. Von etwa 18,3 Millionen Erwachsenen, die in ihrem Leben bereits einmal eine illegale Droge konsumiert haben, griff ein Großteil zu Cannabis (34,7 Prozent). Bei Kokain und Crack, Ecstasy oder Amphetaminen liegt der Wert im mittleren einstelligen Bereich – und damit deutlich darunter.

Deutschland EU-weit auf Platz vier

Allerdings ist der Wert der Zwölf-Monats-Prävalenz, also die Anzahl der Menschen, die im vergangenen Jahr zu Cannabis gegriffen haben, deutlich geringer. Bei Erwachsenen lag er laut DBDD für 2021 bei 8,8 Prozent, bei Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren bei 7,6 Prozent.

EU-weit liegt Deutschland mit diesen Werten im Spitzenbereich. Nur in drei Ländern haben bereits mehr Menschen mindestens einmal in ihrem Leben die Droge ausprobiert: In Dänemark und Spanien sind es gut 38 Prozent der Menschen. Beim Spitzenreiter Frankreich sogar fast 45 Prozent.

Haschisch wird immer hochprozentiger

Mit steigendem Konsum steigen auch die Preise – wenn auch nur leicht. Mussten Konsumenten vor zehn Jahren noch 9,40 Euro für ein Gramm Cannabiskraut und 8 Euro für Harz (die klebrige (honigähnliche) Substanz, die zur Herstellung von legalem CBD, Haschisch und vielen anderen Produkten verwendet wird) ausgeben, waren es 2021 10 Euro beziehungsweise 9,60 Euro. Wie sich der Preis nach der Legalisierung verändern wird, ist schwer vorauszusagen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach selbst rechnet damit, dass der Schwarzmarkt „sehr stark zurückgehen oder sogar einbrechen“ werde, weil die Ausgabe des legalen Cannabis über eine Mitgliedschaft im Verein, sogenannten Social Clubs, organisiert werden soll. Lauterbach sagte, es lohne sich für Dealer nicht, wenn Cannabis zum Selbstkostenpreis wie in einer Genossenschaft angeboten werde.

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Dagegen könnte ein anderer Trend sprechen. Seit 2006 werten Labore, die Daten für den Drogenbericht der DBDD liefern, bei der Untersuchung der Reinheit von illegalen Drogen Marihuana getrennt nach Cannabiskraut und Blütenständen aus. Grund dafür ist laut der Beobachtungsstelle, dass „die wirkstoffreicheren Blütenstände ohne das Kraut verstärkt auf dem illegalen Drogenmarkt auftauchen“.


Während der THC-Gehalt in den vergangenen Jahren kontinuierlich leicht angestiegen ist, fällt der Anstieg beim Haschisch sehr viel deutlicher aus. Lag er vor 2011 noch bei gut 7 Prozent oder darunter, stieg der Wert im Jahr 2019 auf ein Rekordhoch von 22,6 Prozent an. 2021 lag er wieder etwas niedriger bei 20,4 Prozent.

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Ob der THC-Gehalt im legal angebauten Cannabis begrenzt werden soll, ist aktuell unklar. Weitere Details sollen in einem Gesetzentwurf vorgelegt werden. In seinem ursprünglichen Legalisierungsplan hatte Gesundheitsminister Lauterbach eine solche Obergrenze vorgesehen. Die Menge des berauschenden Wirkstoffs THC im legalisierten Cannabis hätte demnach maximal 15 Prozent betragen sollen. Kritik hatte es bereits damals von der Union gegeben. CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hatte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) gesagt, Grenzwerte machten legale Produkte zu teuer. Gerade junge Konsumenten und Konsumentinnen würden dann lieber weiter Cannabis „zum billigeren Preis mit mehr Wirkung“ bei ihrem „Dealer ums Eck“ als bei ihrer örtlichen Apotheke kaufen.

Cannabis ist zweithäufigster Grund für Suchtbehandlung

In jedem Fall einen Grenzwert soll es laut dem neuen Entwurf für THC geben, wenn das Cannabis an junge Erwachsene unter 21 Jahren abgegeben wird. Die genaue Grenze steht noch nicht fest. Zudem sollen sie maximal 30 Gramm Cannabis pro Monat erhalten dürfen. Die Ampelkoalition trägt damit dem Umstand Rechnung, dass ein Konsum im jungen Alter nach aktuellem Stand der Wissenschaft die gesunde Entwicklung des kindlichen oder jugendlichen Gehirns beeinflussen kann. Eine Abgabe an Jugendliche unter 18 Jahren soll deshalb weiterhin illegal bleiben.

Dass der Konsum in den vergangenen Jahren nicht unproblematisch war, zeigt ein Blick auf die Suchtbehandlungen in Deutschland. Nach Angaben des DBDD handelt es sich bei 44,1 Prozent der Personen, die eine Behandlungsstelle „aufgrund einer Problematik mit illegalen Drogen aufsuchen“, um Cannabiskonsumierende.

„Nach Alkohol stellt Cannabis am häufigsten den Grund für eine Suchtbehandlung in Deutschland dar“, heißt es dazu im aktuellsten Drogenbericht. Parallel zum steigenden THC-Gehalt in Cannabisprodukten sei auch die Nachfrage nach Suchtberatungen und Suchttherapien gestiegen. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich stehen Behandlungen aufgrund von Cannabinoiden nach den Behandlungen von Problemen mit Alkohol die größte Diagnosegruppe dar.

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Deutschland ist beim Gras geteilter Meinung

Und was meinen die Deutschen? Die sind geteilter Meinung, was die Legalisierung von Cannabis hierzulande angeht. Gut die Hälfte befürwortet das Vorhaben, etwas mehr Menschen lehnen es ab.

Allerdings: Vor gut zehn Jahren, 2014, gingen die Meinungen nach einer Auswertung von Infratest Dimap noch sehr viel deutlicher auseinander. Damals lehnten noch mehr als zwei Drittel der Bundesbürger eine Legalisierung ab, während gut 30 Prozent dafür waren.

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