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Deutschland hat Ressourcen für 2023 aufgebraucht

Erdüberlastungstag: Was tun, um die Ökobilanz zu verbessern?

Schornsteine einer Kokerei im Ruhrgebiet.

Schornsteine einer Kokerei im Ruhrgebiet.

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Wenn alle Menschen auf der Welt so leben würden wie die in Deutschland, wären bereits am Donnerstag (4. Mai) alle für dieses Jahr verfügbaren natürlichen Ressourcen verbraucht – es ist der deutsche Erdüberlastungstag. Das teilte das Global Footprint Network mit. Es wären drei Erden nötig, wenn der Rest der Welt genauso viele Emissionen ausstoßen und ähnlich mit Naturgütern umgehen würde wie die Bundesrepublik.

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Die US-Nichtregierungsorganisation berechnet seit 1961 einen globalen Erdüberlastungstag, den sogenannten Earth Overshoot Day, und auch nationale Daten für einzelne Länder. Je früher das Datum, desto höher sind die Schulden, die die Welt auf ihrem imaginären Umweltkonto anhäuft. Es ist ein Rechenspiel mit ernüchterndem Ergebnis.

Der deutsche Überlastungstag im internationalen Vergleich

Im Vorjahr fiel der symbolische Tag für die ganze Welt auf den 28. Juli. Deutschland, das den Tag wie in diesem Jahr bereits am 4. Mai beging, schneidet demnach deutlich schlechter ab als der globale Durchschnitt. Qatar schreibt sogar schon seit dem 10. Februar „rote Zahlen“.

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Wie Qatar gehört auch Deutschland demnach zu den 25 Prozent der Länder, die am wenigsten nachhaltig mit ihren Ressourcen umgehen – gemessen an ihrem Pro-Kopf-Verbrauch und ihren Emissionen. Insgesamt schneiden die Industrienationen deutlich schlechter ab als ärmere Länder. Doch selbst unter den G20-Ländern macht Deutschland auf dem imaginären Ressourcenkonto höhere Schulden als die meisten anderen.

Ökobilanz der Industrienationen und des globalen Südens

Lediglich Kanada und die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, Australien, Russland und Korea stoßen nach den Berechnungen früher an die Belastungsgrenze. Während Benin den Overshoot Day am 26. Dezember und damit als letzte Nation in diesem Jahr „feiert“, kommen andere Nationen rechnerisch sogar das ganze Jahr mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen aus.

Dazu gehören beispielsweise der Jemen, Bangladesch, Pakistan und zahlreiche afrikanische Länder wie die Elfenbeinküste, der Kongo, Kenia, Nigeria, Ruanda, Sudan oder Zimbabwe. „Seit Anfang der 1970er-Jahre befindet sich die Menschheit in einem ökologischen Defizit“, teilt das Netzwerk auf der offiziellen Website des Overshoot Day mit. Das Datum verschiebe sich immer weiter nach vorne. 1970 lag es noch im Dezember.

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Wie genau wird der Earth Overshoot Day berechnet?

Wie viel Natur haben wir? Wie viel Natur brauchen wir? Das sind die beiden zentralen Fragen, die den Ausgangspunkt der Überlegungen des Global Footprint Network bilden. Bei den Berechnungen greift es auf Daten der Vereinten Nationen zurück und nutzt etwa 15.000 Datenpunkte pro Land und Jahr, erklärt die deutsche Organisation Germanwatch. Berücksichtigt werden demnach unter anderem der CO₂-Ausstoß, das benötigte Ackerland, Waldflächen, Weideland, Fischgründe sowie die bebaute Fläche.

Zwei Werte sind für die Rechnung grundlegend: die Biokapazität und der ökologische Fußabdruck. Die Biokapazität beschreibt die Fähigkeit der Erde, verbrauchte Ressourcen zu regenerieren und Abfälle sowie Emissionen abzubauen. Sie wird dem ökologischen Fußabdruck gegenübergestellt, der zeigt, wie viele Naturgüter verbraucht werden.

Der ökologische Fußabdruck eines Landes ergibt sich Germanwatch zufolge aus der gesamten Fläche, die benötigt wird, um den Ressourcenverbrauch und die Aufnahme von Emissionen und Abfall zu gewährleisten. Angegeben wird er in der Einheit „globaler Hektar“, der Fläche also, die notwendig ist, um den Verbrauch auszugleichen. Ist der Fußabdruck größer als die Biokapazität, spricht die Organisation von Raubbau. Die Berechnung des Earth Overshoot Day kann grob auf die folgende Formel heruntergebrochen werden: Biokapazität der Erde geteilt durch Bioverbrauch der Erde multipliziert mit 365 Tagen.

Woran liegt der hohe Verbrauch in Deutschland?

In Deutschland liegt die schlechte Ökobilanz vor allem am Ausstoß von Treibhausgas. „Die CO₂-Emissionen in Deutschland müssten dreimal so schnell sinken wie bisher“, sagt der politische Geschäftsführer der Klimaschutzorganisation Germanwatch. „Mit den schwerwiegendsten Folgen dieser jahrzehntelangen Übernutzung müssen vor allem die jungen und nachfolgenden Generationen sowie arme Menschen, vor allem im globalen Süden, fertig werden“, heißt es in einer Pressemitteilung.

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746 Millionen Tonnen CO₂ stieß Deutschland laut Bundesumweltamt 2022 aus. 84 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen sind energiebedingt, insbesondere durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Für jeweils mehr als 7 Prozent sind Industrieprozesse und die Landwirtschaft verantwortlich.

Was tun? Das sagt das Global Footprint Network

Global Footprint Network hat fünf Bereiche identifiziert, an denen Politik und Einzelpersonen ansetzen könnten: Naturschutz, Städteplanung, Energie, Bevölkerungswachstum und Essen. Tipps für den Alltag sind vielen bekannt: So könnte der Overshoot Day um 13 Tage nach hinten verschoben werden, wenn die Menschen weniger Lebensmittel wegwerfen würden.

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1,3 Milliarden Tonnen essbare Lebensmittel werden momentan jährlich weggeworfen. Sieben Tage würde die Welt gewinnen, wenn der Fleischkonsum halbiert würde und fünf Tage, wenn Menschen die Lebensdauer von Kleidung verdoppelten.

CO₂-Preise und Städteplanung für den Klimaschutz

Einen größeren Effekt haben Implementationen auf staatlicher Ebene: Erneuerbare Energiequellen müssten ausgebaut, Wirtschaftspläne wie der Green New Deal der Europäischen Union umgesetzt werden. Eine wichtige Möglichkeit sieht die Klimaschutzorganisation auch in der Erhöhung der CO₂-Preise im nationalen Handel von Emissionen.

Momentan liegt der Preis pro Tonne bei 25 Euro und soll nach Plan der Bundesregierung bis 2026 auf 55 bis 65 Euro steigen. Die tatsächlichen Kosten für den Planeten beziffern Umweltschutzverbände auf 95 Euro und fordern eine entsprechende Bepreisung. Das würde den Earth Overshoot Day sogar um 63 Tage verzögern.

Eine nachhaltige Städteplanung sieht die Begrünung von Dächern vor, den Ausbau von Fahrradwegen und öffentlichen Verkehrsmitteln – halb so viel Auto fahren auf der Welt würden den Erdbelastungstag um weitere 13 Tage aufschieben. Außerdem sei in der Städteplanung beispielsweise das Baumaterial von Bedeutung, die Isolierung von Gebäuden sowie die Stromverteilung.

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