Astrophysikerin über James-Webb-Teleskop

„Diese Aufnahmen sind wie Gemälde“

Dieses von der Nasa veröffentlichte Bild zeigt die Sternentstehungsregion des Tarantula-Nebels, aufgenommen vom James-Webb-Weltraumteleskop.

Dieses von der Nasa veröffentlichte Bild zeigt die Sternentstehungsregion des Tarantula-Nebels, aufgenommen vom James-Webb-Weltraumteleskop.

Frau Kartaltepe, im Sommer wurden die ersten Aufnahmen des James-Webb-Weltraumteleskops veröffentlicht. Viele Menschen hat das tief bewegt. Sie auch?

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Mein Team und ich haben die Veröffentlichung gemeinsam verfolgt. Es war sehr emotional. Es geschieht vielleicht einmal pro Generation, dass sich das ganze Feld, in dem man arbeitet, über Nacht verändert. Alles was wir wissen, alles was wir tun – plötzlich wird das alles ganz anders sein. Das war sehr aufregend.

Ich kann aber auch nachvollziehen, dass viele Menschen, die nichts mit Astrophysik zu tun haben, beim Betrachten der Bilder sehr emotional werden. Sie zeigen etwas, das so weit da draußen ist, so weit entfernt von unserem Alltag, in gigantischen Maßstäben, die so schwer vorstellbar sind. Das löst so viele Gefühle in uns aus. Es ist wie Kunst! Diese Aufnahmen sind wie Gemälde. Einer der Orte, an dem Kunst und Wissenschaft dasselbe sind.

Dr. Jeyhan Kartaltepe ist Astrophysikerin am Rochester Institute of Technology, New York. Sie erforscht die Entstehung und Entwicklung von Galaxien. Kartaltepe leitet das Cosmos-Webb-Programm, das einen großen Bereich des Himmels kartiert. Dazu hat das Team 218 Stunden Teleskopzeit zugewiesen bekommen. Hier ist sie auf der Falling Walls Conference in Berlin zu sehen, im Hintergrund ein Modell des James-Webb-Weltraumteleskops.

Dr. Jeyhan Kartaltepe ist Astrophysikerin am Rochester Institute of Technology, New York. Sie erforscht die Entstehung und Entwicklung von Galaxien. Kartaltepe leitet das Cosmos-Webb-Programm, das einen großen Bereich des Himmels kartiert. Dazu hat das Team 218 Stunden Teleskopzeit zugewiesen bekommen. Hier ist sie auf der Falling Walls Conference in Berlin zu sehen, im Hintergrund ein Modell des James-Webb-Weltraumteleskops.

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Was hat Sie besonders fasziniert?

Die Bilder waren wunderschön. Das ist umwerfend, klar. Was viele Menschen wahrscheinlich nicht so sehr interessiert hat, war das Spektrum einer Galaxie, das ebenfalls veröffentlicht wurde. Aber mich hat das umgehauen. Ich habe laut nach Luft geschnappt, als ich das gesehen habe. Dass wir von einer Galaxie, die so weit entfernt ist, ein Spektrum (siehe Bild, Anm. d. Redaktion) erhalten würden. In dem Moment wurde mir wirklich klar: Das sind die Informationen, die wir kriegen!

Viel mehr helle Galaxien als erwartet

Welche Informationen lassen sich denn daraus ablesen?

Es sagt uns sehr präzise, wie groß die Distanz zu dieser Galaxie ist. Und auch wie die chemische Komposition dieser Galaxie ist: zum Beispiel wie viel Kohlenstoff oder wie viel Stickstoff es dort gibt. Daraus können wir zum Beispiel ableiten, wie viele Sternengenerationen sich dort gebildet haben.

Wenn Forschende das Licht einer einzelnen Galaxie in ein Spektrum ausdehnen, wie das oben gezeigte Diagramm, können sie etwas über die chemische Zusammensetzung, Temperatur und Dichte des ionisierten Gases der Galaxie erfahren. In diesem Fall wurde eine Galaxie in 13,1 Milliarden Lichtjahren Entfernung analysiert.

Wenn Forschende das Licht einer einzelnen Galaxie in ein Spektrum ausdehnen, wie das oben gezeigte Diagramm, können sie etwas über die chemische Zusammensetzung, Temperatur und Dichte des ionisierten Gases der Galaxie erfahren. In diesem Fall wurde eine Galaxie in 13,1 Milliarden Lichtjahren Entfernung analysiert.

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Gibt es auf Grundlage der ersten Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops schon Erkenntnisse, die Sie überrascht haben?

Eines der ersten Ergebnisse ist, dass es viel mehr helle Galaxien im frühen Universum gab, als wir gedacht haben. Die Zahl befindet sich am oberen Ende dessen, was Modelle vorausgesagt hatten. Es wird sich zeigen, ob das eine Herausforderung für unsere Modelle wird, oder ob wir das erklären können.

Was verrät uns diese Entdeckung über das Universum?

Es würde etwas über den Zeitpunkt sagen, an dem sich diese Galaxien geformt haben. Es müsste ein bisschen früher passiert sein, als wir bisher gedacht haben, damit sie hell genug werden konnten, um sie jetzt zu sehen.

Blick auf das frühe Universum

Das James-Webb-Weltraumteleskop fungiert in diesem Sinne wie eine Art Zeitmaschine, mit der man in die Vergangenheit schauen kann. Wie genau muss man sich das vorstellen?

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Licht braucht Zeit, um zu uns zu kommen. Wann immer wir Dinge anschauen, die sehr weit weg sind, hat es also sehr lange gedauert, bis das Licht, das ein Objekt emittiert hat, auf unser Teleskop trifft. Auf diese Weise ist das Licht eine Repräsentation der Vergangenheit. Wenn wir diese Galaxien tatsächlich zum heutigen Zeitpunkt sehen könnten, würden sie womöglich völlig anders aussehen.

Das James-Webb-Weltraumteleskop kann zurück bis zu einem Zeitpunkt einige Millionen Jahre nach dem Urknall schauen. Nach menschlichen Maßstäben klingt das erst mal nicht nach einem kleinen Zeitraum.

Nach kosmologischen Maßstäben ist das ein sehr kleiner Zeitraum. Seit dem Urknall sind rund 14 Milliarden Jahre vergangen. Direkt nach dem Urknall sind auch nicht gleich Galaxien aufgetaucht. Es brauchte Zeit, bis sich die Dinge abkühlten, Atome sich bildeten, verschmolzen und sich schlussendlich Galaxien formen konnten. Je weiter wir zurückschauen können, desto früher können wir in diese Prozesse hineinsehen. 200 Millionen Jahre sind also ziemlich früh und damals existierten schon einige dieser sehr hellen Galaxien.

Wie unsere Galaxie entstanden ist

Unsere Galaxie, die Milchstraße, ist eine Spiralgalaxie, also einen scheibenförmige Galaxie. Wie sind diese Galaxien entstanden?

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Viele Galaxien haben eine Scheibe. Das ist in der Natur sehr häufig: Sobald etwas rotiert, entsteht etwas Flaches. Galaxien formen also ganz natürlich diese flachen Scheiben. Im sehr, sehr jungen Universum waren die Dinge sehr unruhig, viel turbulenter. Es brauchte einige Zeit, bis diese Scheiben sich stabilisierten. Das James-Webb-Weltraumteleskop kann uns dabei helfen, zu verstehen, wann das passiert ist. Sehr massive Galaxien konnten sich vielleicht früher formen als solche mit weniger Masse.

Welches Rätsel sollten wir in fünf Jahren dank des James-Webb-Weltraumteleskops gelöst haben?

Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren besser verstehen, wie früh in der Geschichte des Universums manche dieser ersten Galaxien entstanden sind. Und dass wir wirklich die theoretischen Modelle verstehen, um ihre Zahl vorherzusagen.

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