Mehr Klimaschutz in der Lebensmittelwirtschaft: Was sich dafür ändern muss
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/DIIGNLMIX5B7JKL3KN3J7F74GY.jpeg)
Reisfelder in China: Der Anbau von Reis wird 2030 etwa 23 Prozent zum Treibhausgas-Ausstoß beitragen.
© Quelle: Yang Wenbin/XinHua/dpa
New York. Bis zum Jahr 2100 könnte die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln einer Studie zufolge 0,9 Grad zur Erderwärmung beitragen. Dieser Wert könne mit gezielten Maßnahmen um etwa 0,5 Grad verringert werden, berichtet ein Forschungsteam um Catherine Ivanovich von der Columbia University in New York City im Fachjournal „Nature Climate Change“.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten aktuelle Forschungsergebnisse und eigene Modellrechnungen analysiert. „Die Landwirtschaft ist möglicherweise für etwa 15 Prozent der derzeitigen Erwärmung verantwortlich“, schreiben sie.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3NOYFYVVVBAQ7AB3DPE6VMH6PQ.jpg)
Klima-Check
Erhalten Sie die wichtigsten News und Hintergründe rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Wirkungsweise von Treibhausgasen nicht genau erfasst
Die Forschenden bemängeln, dass wegen der üblichen Umrechnung aller Treibhausgase in Äquivalente des Kohlendioxids (CO₂) die Wirkungsweise der einzelnen Treibhausgase nicht genau genug erfasst werde. Das gelte vor allem für Methan, dessen weltweite Emissionen fast zur Hälfte aus der Landwirtschaft stammten.
Methan ist in der Atmosphäre zwar nach zehn Jahren weitgehend abgebaut, als Treibhausgas aber mehr als hundertmal so wirksam wie CO₂. Weil CO₂‑Äquivalente meist für einen Zeithorizont von 100 Jahren berechnet würden, werde das kurzfristige Treibhauspotenzial von Methan unterschätzt, schreiben Ivanovich und Kollegen.
Methan ist ein Klimatreiber
Das Forschungsteam entnahm aktueller Fachliteratur 206 Schätzungen zum Treibhausgas-Potenzial der Versorgung mit Lebensmitteln. 94 Lebensmittel fassten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu zwölf Gruppen zusammen. Sie gingen davon aus, dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf fast zehn Milliarden Menschen anwachsen wird.
Von den 50 Computersimulationen für die Jahre 1765 bis 2100 umfassten 29 Wege, die mit der Aufrechterhaltung aktueller Ernährungsmuster verbunden sind, und 21 Wege mit einer Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes. Die Berechnungen wurden einzeln für die Treibhausgase CO₂, Methan und Lachgas vorgenommen.
Klimabilanz 2022: Verkehrssektor verfehlt Ziele
Deutschland hat trotz des massiven Einsatzes von Kohlestrom in der Energiekrise 2022 zwar sein Klimaziel erreicht – doch der Verkehr wird zum Dauerproblem.
© Quelle: Reuters
Die Studienautorinnen und ‑autoren kommen zum Ergebnis, dass Methan etwa 60 Prozent zu den globalen Treibhausgas-Emissionen der Nahrungsmittelversorgung beiträgt; bei CO₂ und Lachgas sind es jeweils rund 20 Prozent. Methan entsteht vor allem durch den Stoffwechsel von Wiederkäuern – insbesondere Rindern – und durch den Reisanbau. Lachgasemissionen kommen in der Landwirtschaft hauptsächlich durch den Einsatz von Kunstdünger zustande.
Für das Jahr 2030 ermittelte die Forschergruppe, dass auf dem Nahrungssektor Fleisch von Wiederkäuern 33 Prozent, Reis 23 Prozent, Milchprodukte 19 Prozent und Fleisch von Nichtwiederkäuern 9 Prozent zum Treibhausgas-Ausstoß beitragen.
Potenzial zur Emissionsminderung ist groß
„Es besteht jedoch ein erhebliches Potenzial zur Emissionsminderung durch verfügbare Veränderungen bei Produktionspraktiken, Konsummustern sowie Lebensmittelverlusten und ‑verschwendung“, schreibt das Team. Allein eine klimafreundlichere Produktion von Fleisch, Milchprodukten und Reis könne etwa ein Viertel des prognostizierten Temperaturanstiegs um 0,9 Grad einsparen helfen.
Ebenfalls eine erfolgversprechende Maßnahme sei die Durchsetzung wissenschaftlicher Ernährungsempfehlungen in der Weltbevölkerung – wie etwa ein geringer Verzehr von Rindfleisch und ein mäßiger Verzehr von Fisch, Geflügel und Eiern. Weitere Maßnahmen sind demnach die bis 2050 angestrebte klimaneutrale Energieversorgung und eine Reduzierung der heutigen Lebensmittelverschwendung um 50 Prozent. All dies zusammengenommen könne die prognostizierte Erwärmung bis 2100 um 0,5 Grad gemindert werden – der Anstieg betrage dann 0,4 Grad statt um die 0,9 Grad.
RND/dpa