Palästina: Bauer findet riesiges Mosaik aus byzantinischer Zeit
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Ein palästinensischer Bauer hat auf seinem Grundstück ein riesiges Bodenmosaik aus byzantinischer Zeit gefunden.
© Quelle: IMAGO/APAimages
Bureidsch. Beim Pflanzen eines neuen Olivenbaums stieß ein palästinensischer Bauer im vergangenen Frühjahr mit seiner Schaufel auf einen harten Gegenstand. Zusammen mit seinem Sohn grub er dann über einen Zeitraum von drei Monaten hinweg langsam ein kunstvolles Mosaik aus. Nach Ansicht von Experten handelt es sich bei dem Kunstwerk aus byzantinischer Zeit um einen der größten archäologischen Schätze, die jemals im Gazastreifen gefunden wurden.
Unter Archäologen löste die Entdeckung Begeisterung aus - aber auch Forderungen nach einem besseren Schutz wertvoller Antiquitäten im Gazastreifen. Experten beklagen, dass es dort weder ein ausreichendes Bewusstsein für den Wert solcher Funde gebe noch genügend Ressourcen. Zudem seien die Schätze ständig durch den Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern vor Ort bedroht.
Das ist das schönste Fußbodenmosaik, das jemals in Gaza entdeckt wurde, sowohl hinsichtlich der Qualität der grafischen Darstellung als auch der Komplexität der Geometrie.
René Elter,
Archäologe von der Französischen Biblischen und Archäologischen Schule in Jerusalem
Das Mosaik wurde nur einen Kilometer von der israelischen Grenze entfernt in der Ortschaft Bureidsch entdeckt. Das unter anderem 17 farbenprächtige Tierdarstellungen umfassende Kunstwerk ist gut erhalten. „Das ist das schönste Fußbodenmosaik, das jemals in Gaza entdeckt wurde, sowohl hinsichtlich der Qualität der grafischen Darstellung als auch der Komplexität der Geometrie“, sagt der Archäologe René Elter von der Französischen Biblischen und Archäologischen Schule in Jerusalem. „Noch nie sind im Gazastreifen Bodenmosaike dieser Finesse, dieser Präzision in der grafischen Darstellung und dieser Fülle an Farben gefunden worden.“
Das Werk stammt dem Experten zufolge aus der Zeit zwischen dem fünften und dem siebten Jahrhundert. Das genaue Baujahr müsse im Rahmen einer professionellen Ausgrabung bestimmt werden, ebenso wie die Frage, ob das Mosaik Teil eines religiösen oder eines säkularen Komplexes war. Elter, der in der Vergangenheit bereits im Gazastreifen geforscht hat, konnte den Fundort bisher nicht besuchen. Er begutachtete den Fund aber auf einer Serie von Fotos und Videos lokaler Forschungspartner.
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Das Mosaik zeigt unter anderem 17 Tiere.
© Quelle: IMAGO/APAimages
Der Gazastreifen war im Altertum eine wichtige Handelsroute zwischen Ägypten und der Levante. Die palästinensische Küstenenklave zwischen Israel und Ägypten ist voll von Relikten antiker Zivilisationen von der Bronzezeit bis zur Osmanischen Ära. Doch die Stätten werden kaum geschützt und wurden in der Vergangenheit immer wieder geplündert. In den vergangenen Jahren wurden einige durch Entwicklungsprojekte oder bei Kämpfen beschädigt oder zerstört. Infolge einer israelisch-ägyptischen Blockade nach der Machtübernahme der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen 2007 liegt die dortige Wirtschaft am Boden, für den Schutz von Antiquitäten sind so gut wie keine Ressourcen übrig.
Die Hamas selbst widmet dem Schutz der Ausgrabungsstätten kaum Aufmerksamkeit. Stattdessen ist sie mit dem Bemühen ausgelastet, den Bedarf der rasant wachsenden Bevölkerung zu decken. Auf den nur 300 Quadratkilometern des Gazastreifens leben mehr als 2,3 Millionen Menschen. Um Wohnraum für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zu schaffen, hatte die Hamas-Führung 2017 weite Teile einer Stätte plattgemacht, auf der sich die Überreste einer 4500 Jahren alten Siedlung aus der Bronzezeit befanden. Anfang dieses Jahres stießen Bulldozer bei Arbeiten für ein von Ägypten finanziertes Wohnungsbauprojekt im Norden der Region auf ein Grab aus der Römerzeit.
Zu den wenigen erhaltenen Stätten im Gazastreifen gehören das Hilarion-Kloster und eine byzantinische Kirche im Norden, die von internationalen Hilfsorganisationen restauriert und in diesem Jahr wiedereröffnet wurde. Zwar gebe es auch dort Mosaike, der Fund in Bureidsch sei aber außergewöhnlich, sagt Elter. Die Altertumsbehörde der Hamas sprach von „einer großen archäologischen Entdeckung“ und kündigte für einen späteren Zeitpunkt eine offizielle Verkündigung an.
Mosaik misst etwa 23 Quadratmeter
Der Landbesitzer, der seinen Namen vor dieser Mitteilung nicht nennen wollte, hat den ausgegrabenen Teil des Bodenmosaiks abgedeckt. Er hofft nach eigenen Worten auf eine finanzielle Belohnung dafür, dass er den einzigartigen Fund auf seinem Grundstück schützt. Die Fläche, auf der sich das Mosaik befindet, ist etwa 500 Quadratmeter groß. Drei Gucklöcher geben den Blick auf das Kunstwerk frei. Durch das größte davon, das etwa zwei mal drei Meter misst, sind die 17 Tierzeichnungen zu sehen. Die anderen beiden zeigen komplexe Fliesenmuster. Die Wurzeln eines alten Olivenbaums haben Teile des Mosaiks beschädigt, das eine Gesamtfläche von etwa 23 Quadratmetern zu umfassen scheint.
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Elter sieht den Fund aufgrund seiner Nähe zum israelischen Grenzzaun akut in Gefahr. In solchen Gebieten entlang des Zauns kommt es häufig zu Kämpfen oder Einsätzen der israelischen Sicherheitskräfte. Erst im vergangenen Monat hatten sich israelische Soldaten dreitägige Gefechte mit der Terrorgruppe Islamischer Dschihad im Gazastreifen geliefert.
Der Archäologe befürchtet auch, dass das Mosaik durch unsachgemäße Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten Schaden nehmen könnte. Es sei unerlässlich, dass hier rasch ein professionelles Team zum Einsatz komme, fordert Elter.
RND/AP