Alkohol in der Schwangerschaft: Schlimme Folgen werden unterschätzt
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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft – das Thema wird nach Meinung von Expertinnen und Experten immer noch unterschätzt.
© Quelle: Mascha Brichta/dpa-tmn/dpa
Cottbus. Alkoholkonsum in der Schwangerschaft – das Thema wird nach Meinung von Expertinnen und Experten immer noch unterschätzt. Dem Gesundheitsministerium in Brandenburg zufolge gehen Fachleute davon aus, dass in Deutschland jährlich rund 10.000 Kinder geboren werden, die wegen Alkoholkonsums in der Schwangerschaft unter körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen leiden – sogenannten Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD). Etwa 200 davon sind an der schwersten Form erkrankt, dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS).
„FASD ist nicht auf den ersten Blick sichtbar“
Dass die Folgen in der Schwangerschaft unterschätzt werden, liegt nach Einschätzung der Cottbuser Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Kristina Kölzsch, auch daran, dass FASD nicht immer gleich erkannt wird. An diesem Donnerstag (9.September) jährt sich der „Internationale Tag des alkoholgeschädigten Kindes“.
Medizinerin Kölzsch arbeitet in einem Sozialpädiatrischen Zentrum, das dem Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus angegliedert ist. Dort hat sie über zehn Jahre eine Beratungsstelle aufgebaut, in der sie und ihr Team Kinder bis 18 Jahren betreuen, aber auch werdende Mütter. Dazu gehöre Diagnostik, ein individueller Behandlungsplan, aber auch Schulungen für Pflegeeltern, Kriseninterventionen und Fortbildungen werden angeboten. „FASD ist nicht auf den ersten Blick sichtbar, sondern man muss einfach dran denken“, berichtet Kölzsch der dpa.
Betroffen weisen beeinträchtigtes Sozialverhalten auf
Nach Angaben des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte ist bei Betroffenen mit FASD das Sozialverhalten beeinträchtigt, es gibt Probleme beim Lernen oder eine Intelligenzminderung. Häufig gelten sie zudem als aggressive, impulsive oder hyperaktive Störenfriede und werden so möglicherweise sogar Opfer von Mobbing. Andere sind viel zu freundlich, als dies für die jeweilige Situation angemessen wäre. Dann können sie dem Berufsverband zufolge möglicherweise sogar Opfer von Misshandlungen werden. Menschen mit FASD kann zudem der Aufbau und die Pflege von Beziehungen schwerfallen.
Kinder leben häufig in Pflegefamilien
Viele Kinder mit FAS oder FASD in Deutschland leben nach Angaben des Berufsverbandes in einer Adoptiv- oder Pflegefamilie. Diese seien häufig auf die Herausforderungen, die die Aufnahme eines solchen Kindes mit sich bringen kann, nicht vorbereitet. Die Cottbuser Ärztin hat mit zahlreichen Mitschreitenden ein regionales Netzwerk gegründet, dass seit drei Jahren auf Fachtagungen unter anderem Pflegefamilien und Jugendämter für das Thema sensibilisiert. „Seitdem nimmt die Anzahl der Ratsuchenden und der Betreuenden in unserer Spezialsprechstunde merklich zu“, erzählt Kölzsch.
Auch Studierende aus dem Studiengang Soziale Arbeit an der BTU Senftenberg Cottbus würden mittlerweile mit einbezogen in die Aufklärungsarbeit. Sie seien mit dem Krankheitsbild vertraut gemacht worden und könnten ihr Wissen jetzt in ihren Arbeitsfeldern wie Schule, Kita oder Streetwork anwenden.
Erhebliche Gesundheitsrisiken drohen
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) wies zum Jahrestag noch einmal auf die erheblichen Gesundheitsrisiken hin, die mit Alkoholkonsum während der Schwangerschaft verbunden sind: „Jede werdende Mutter möchte, dass ihr Kind gesund und körperlich unbeeinträchtigt das Licht der Welt erblickt. Ich bitte daher alle Schwangeren: Verzichten Sie auf Alkohol – schützen Sie Ihr Kind!“
RND/dpa