Darauf ein Kippchen: Der Crémant kommt
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© Quelle: Getty Images/iStockphoto
Luxemburg. Um einen ganz besonderen Anlass feiern zu können, braucht es in Luxemburg nur wenig – nicht mal einen besonderen Anlass. Es genügt der Freitagnachmittag. Wenn die letzte Arbeit der Woche erledigt ist, gibt es im Großherzogtum die Tradition des Kippchens. Und das hat so gar nichts mit Zigaretten zu tun, wie sich vielleicht vermuten ließe. „Kippchen“ ist luxemburgisch für einen Feierabenddrink: einen Crémant. Wer sich selbst und andere belohnen will, öffnet meist eine gute Flasche dieses Schaumweins und lässt Fünfe gerade sein. Und immer mehr Menschen tun dies inzwischen auch diesseits der Grenze, in Deutschland.
Es ist in gewisser Weise symptomatisch für Luxemburg: Während vielerorts an besonderen Tagen zum Champagner gegriffen wird, andere einen lauen Sommerabend mit Prosecco begießen oder sich Silvester ganz klassisch an eine Flasche Sekt halten, ist der Crémant im Großherzogtum zu einem Allwettergetränk geworden. Allein in dem knapp 640.000 Einwohner großen Land werden jährlich rund 3,5 Millionen Flaschen davon verkauft.
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Wer seinen Lieben zum Jahreswechsel edleren Schaumwein servieren will, sollte die Unterschiede kennen.
© Quelle: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Crémant in acht Regionen Frankreichs
Aber worin besteht eigentlich der Unterschied zu Sekt und Champagner? Wie so oft in Regularien. Grundsätzlich werden innerhalb der Europäischen Union Schaumweine in Abgrenzung zu Champagner und Sekt als Crémant bezeichnet. In Frankreich wiederum ist diese Bezeichnung lediglich für acht Weinbauregionen zugelassen, unter anderem für das Elsass, Bordeaux und die Loire. Wenn man so will, macht aber auch der Anlass den Unterschied.
Champagner braucht eine besondere Gelegenheit.
Lea Linster,
Köchin, Autorin, Gastronomin
„Champagner braucht eine besondere Gelegenheit“, beschreibt es die Luxemburger Sterneköchin Lea Linster. Crémant hingegen passe immer. Linster vertreibt seit Jahren ihre eigene Edition: Gemeinsam mit Maximilian von Kunow und seinem Weingut von Hövel kreierte sie die als Crossmosel-Crémant bezeichnete Sorte LMEAAX – zunächst als klassischen Brut, längst auch als Rosé.
Crémant bietet aus Lea Linsters Sicht auch als Begleitung zum Essen an, zu Vorspeisen wie Lachs. Es sei sogar alles andere als schlimm, ein komplettes Menü damit zu begleiten. „Da muss man nicht dauernd den Wein wechseln“, sagt Lea Linster. Ihr Prinzip: „Wenn man etwas liebt, sollte man es sich gönnen.“ Und das gilt aus Sicht vieler auch für einen Crémant.
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Hat ihren eigenen Crémant kreiert: Luxemburgs Sterneköchin Lea Linster.
© Quelle: picture alliance / Henning Kaise
Lea Linster empfiehlt Crémant auch fürs Kochen
Selbst fürs Kochen empfiehlt Lea Linster Crémant. „Bei kurz gekochten Speisen fehlen ihm die Hefenoten, die man beim Weißwein oft in Speisen findet“, verrät sie. Etwa für Suppen oder Soßen, die eine gewisse Frische erforderten, nutze sie Crémant.
„Um einen guten Crémant herzustellen, braucht es eine klare Vorstellung vom Endprodukt“, erläutert Winzer Jeff Konsbrück, der auf seinem Luxemburger Weingut JK einen weißen sowie einen rosé Crémant produziert. „Der Winzer muss sorgfältig im Keller arbeiten, die Dosage sollte auf das Produkt abgestimmt sein.“ Es sei beim Crémant wichtig, das richtige Lesedatum zu treffen, damit er nicht zu hoch im Alkohol für die zweite Gärung sei, und trotzdem eine gute physiologische Reife erreiche. Bei einem Cuvée sei es zudem wichtig, dass die verschnittenen Reben gut miteinander harmonieren. Für Winzer Konsbrück hat Crémant heute eine große Bedeutung: „In unserem Betrieb erfolgen 60 Prozent der Absatzes durch Crémant de Luxemburg.“
Crémant ist nicht mehr wegzudenken.
Laurent Kox,
Winzer aus Luxemburg
Auch sein Kollege Laurent Kox vom gleichnamigen Weingut an der Mosel sagt: „Crémant ist nicht mehr wegzudenken.“ In seinem Betrieb an der Mosel produziert die Familie Kox rund 35.000 Flaschen jährlich davon. Dabei habe dieses Getränk trotz seiner langen Tradition in Luxemburg erst recht spät Freunde gefunden, erinnert sich der Winzer. „Noch vor 30 Jahren lag der Anteil von Crémant an der Weinproduktion bei null Prozent.“
In Deutschland gilt Crémant noch als Geheimtipp
Aus Sicht der Winzer befreit sich der frankophile Schaumwein dennoch nur langsam von seinem Imageproblem. „Wenn die Leute vor der Wahl stehen, greifen sie nach wie vor oft gleich zu Champagner“, hat Winzer Kox beobachtet. Dabei liegen auch beim Crémant die Qualitätsmaßstäbe sehr hoch. „In Luxemburg entsteht er wie in der Champagne durch Ganztraubenpressung“, betont Kox. Und Crémant könne je nach Region durchaus unterschiedlich schmecken. „Der Boden macht den Unterschied.“
In Deutschland gilt Crémant vielerorts noch als Geheimtipp. Was sich durchaus positiv deuten lassen kann: „Wenn man einen findet, lohnt es sich, ihn zu probieren“, empfiehlt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. „Crémants zeichnen sich insbesondere durch die vorgeschriebene schonende Ganztraubenpressung aus, was sie eleganter und – wie der Name schon vermuten lässt – cremiger am Gaumen werden lässt.“ Bei Crémants aus deutscher Produktion muss der Begriff ähnlich wie in Frankreich stets zusammen mit dem Anbaugebiet angegeben werden – also etwa Crémant Pfalz. Im Saarland, in der Pfalz und in Baden spielt er bereits eine etwas größere Rolle als im Rest des Landes, was an der räumlichen Nähe zu Frankreich liegen dürfte.
Dennoch sei der Anteil an Crémant an der Gesamtproduktion hierzulande noch recht gering, sagt Weinexperte Büscher. „Winzersekt hat in Deutschland zusammengenommen einen Marktanteil von rund 3 Prozent an den 362,3 Millionen Flaschen, für die der Staat im Jahr 2020 hierzulande Sektsteuer eingenommen hat.“