Frohe Weihnachten in der Familie: Rituale unbedingt, aber bloß kein Stress!
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Weihnachten in Corona-Zeiten: Für viele Familien kann das frohe Fest in diesem Jahr erneut zu einer besonderen Herausforderung werden.
© Quelle: Tom Weller/dpa/dpa-tmn
Marburg. „Kein Corona mehr“ – die Pandemie prägt in diesem Jahr auch die Wunschzettel der Kinder. Die Sehnsucht nach einem Leben ohne Mundschutz, Mindestabstand und Mutationen würden wohl auch die Jugendlichen und ihre Eltern unterschreiben. Doch vorerst ist keine Entwarnung in Sicht. Und nun kommt Weihnachten, für viele Menschen das Familienfest schlechthin. Doch wie feiert es sich unter Pandemiebedingungen – und das bereits zum zweiten Mal? Reibungspotenzial rund um die Feiertage gibt es auch ohne Corona immerhin schon reichlich ... Rnd.de hat mit Prof. Hanna Christiansen von der Universität Marburg darüber gesprochen, wie wir trotz widriger Umstände ein friedliches und besinnliches Fest feiern können.
Steht das Fest unter einem anderen Stern als sonst?
In gewisser Weise schon. Immerhin ist die Enttäuschung in diesem Jahr sehr groß. Im vorigen Jahr – mit den vielen Kontaktbeschränkungen – sind ja die meisten davon ausgegangen, dass Weihnachten 2021 wieder ‚normal‘ wird, dass wir das Thema Corona überstanden haben. Aber nun ist die Situation noch schlimmer als im vorigen Jahr. Da ist bei vielen die Luft raus. Besonders die Familien sind häufig am Limit.
Familien sind von der Corona-Krise besonders betroffen?
Ja, das ist so. Viele Eltern mussten ihre Kinder lange Zeit zu Hause beim Distanzunterricht unterstützen oder die Kleineren betreuen, weil die Kita geschlossen war. Oft mussten sie aber auch selbst im Homeoffice arbeiten. Das war und ist zum Teil aufgrund von erneuten Schulschließungen auch immer noch so – ein permanenter Ausnahmezustand. Vor allem für Kinder und Jugendliche kann Corona Folgen für die Psyche haben.
Welche Folgen sind das, können Sie da bereits etwas zu sagen?
Studien haben gezeigt, dass schon Kita-Kinder mit Schlafstörungen reagieren. Bei den größeren hat man außerdem verstärkt Essstörungen, depressive Stimmungen und Angststörungen festgestellt.
Reagieren Kinder und Jugendliche stärker auf die Krise als Erwachsene?
Kinder und Jugendliche sind in der Entwicklung. Die relevanten Übergänge von der Kita zur Schule, von der Schule zur Ausbildung oder zum Studium mit ihren Ritualen waren in den letzten zwei Jahren stark verändert. Diese Rituale helfen aber bei den Übergängen. Fehlen diese, kann das auch Probleme mit sich bringen. Keine normale Einschulungen, Abi-Feiern, Orientierungseinheiten an der Uni.
Können die Adventszeit und die Weihnachtsfeiertage Familien helfen, einige der Defizite aufzufangen?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Sicherlich kann es gut sein, zum Beispiel gemeinsam Plätzchen zu backen, um vielleicht Ruhe zu finden und dem Stress zu entkommen. Aber andererseits kann es auch zusätzlich stressen, wenn man glaubt, man muss noch dies und jenes unbedingt gemeinsam machen. Es ist genau so gut, Plätzchen zu kaufen – und sich nicht unter Druck zu setzen. Trotzdem helfen natürlich bestimmte Rituale.
Inwiefern?
Rituale geben Sicherheit und Stabilität. Und sie zeigen, es ist nicht alles anders als in den anderen Jahren. In der Adventszeit und zu Weihnachten könnte man gemeinsam die Wohnung schmücken oder man trifft sich mit den Freunden – vielleicht draußen an der Feuerschale. Eltern sollten versuchen, nicht nur die Adventszeit wie gewohnt, sondern das Familienleben insgesamt so normal wie möglich zu gestalten. Denn vor allem die Kinder orientieren sich sehr stark an ihren Eltern. Wirken die sehr gestresst, überträgt sich das schnell – und die Stimmung ist allgemein bedrückt. Auch, weil sich Kinder dann oft fragen, ob sie was falsch gemacht haben.
Prof. Dr. Hanna Christiansen hat eine Professur für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie, Fachbereich Psychologie an der Philipps-Universität Marburg. Außerdem leitet sie die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie-Ambulanz Marburg.
© Quelle: privat
Wie sollten Eltern mit ihren eigenen Ängsten umgehen – zum Beispiel mit der Angst, den Job oder einen nahen Verwandten zu verlieren?
Da hilft Kommunizieren – nicht nur in der Adventszeit. Probleme zu besprechen, sich generell gesprächsbereit zeigen. Dazu gehört auch, über Corona zu informieren und die einzelnen Maßnahmen zu erklären. Es gibt zahlreiche kindgerechte Informationen im Internet, die man dabei nutzen kann – zum Beispiel www.familienunterdruck.de oder www.psychologische-coronahilfe.de.