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Sommer-Hitze: Wie viel Klimawandel steckt in unserem Wetter?

Sonnenuntergang in der Arabischen Wüste.

Sonnenuntergang in der Arabischen Wüste.

Berlin. Nach heißen Rekordsommer 2018 legt sich diese Woche erneut eine brütende Hitze über die Republik. Ein Zusammenhang der hohen Temperaturen mit der Erderwärmung scheint auf der Hand zu liegen: Treibhauseffekt führt zu Erderwärmung führt zu Hitzewelle. Doch die Sache ist komplexer.

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Gibt es wirklich mehr Hitze als früher?

Einzelne Wetterereignisse auf den Klimawandel zurückzuführen, sei schwierig, sagt der Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Auf jeden Fall könne man aber sehen, dass die „Extremtemperaturen über 30 Grad zunehmen in den letzten Jahrzehnten“. Diese Häufung könne man durchaus mit dem Klimawandel begründen. „Das ist ein deutliches Zeichen, dass die menschengemachte Erderwärmung das Wetter beeinflusst.“

Mitte des 20. Jahrhunderts habe es im Schnitt rund vier Tage im Jahr gegeben, in denen die Temperaturen in Deutschland über 30 Grad kletterten, sagt Latif mit Verweis auf Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD). „2018 hatte es über 20 solcher Tage.“

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Wird es also jedes Jahr heißer?

Nicht zwingend, denn die Steigerung sei unregelmäßig, sagt Latif. Im Schnitt sei der Anstieg vor allem seit 1990 aber ziemlich offensichtlich. Auch tropische Nächte mit Temperaturen von mindestens 20 Grad werden demnach mehr.

Extreme Hitze nehme zu, bestätigt auch Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Wahrscheinlichkeit für monatliche Hitzerekorde sei weltweit betrachtet durch die globale Erderwärmung rund um das Fünffache gestiegen – und diese Wahrscheinlichkeit steige weiter an.

Welche Rolle spielt die Erderwärmung?

Die Klimaerwärmung ist Fakt. „In Deutschland haben wir einen Temperaturanstieg von ungefähr 1,5 Grad der Jahresmitteltemperatur seit 1881“, sagt Klimaexperte Christian Franzke von der Uni Hamburg. Global gesehen waren die vergangenen vier Jahre laut Weltwetterorganisation (WMO) die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Wärmerekorde seien „ein klares Anzeichen für den anhaltenden langfristigen Klimawandel“. 2018 belegte mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 1,0 Grad über dem Mittel der vorindustriellen Zeit (1850-1900) Patz vier.

Wie aber nimmt die Klimaerwärmung Einfluss auf das Wetter?

Es werde nicht einfach nur wärmer, sagt Rahmstorf. „Es gibt tatsächlich Hinweise darauf, dass sich auch die Zirkulation in der Atmosphäre verändert.“ Und weiter: „Diese Sommerzirkulation, die eigentlich immer vom Atlantik her neue Tiefdruckgebiete bringt, ist langsamer geworden die letzten Jahrzehnte.“ Ob diese Verlangsamung menschengemacht sei, sei noch sehr umstritten, sagt Latif. „Das wird noch heftig in der Forschung diskutiert.“

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Warum gibt es so viele Unwetter?

Die Klimaerwärmung treibt uns nicht nur mehr Schweißperlen auf die Stirn. Laut Rahmstorf und Latif werden zum Beispiel auch Starkregengüsse vor allem im Sommer in Deutschland wahrscheinlicher. Denn ist es ein Grad wärmer, erklärt Latif, kann die Luft sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen – und durch die freigesetzte Energie potenziert sich das Ganze noch einmal. So könnten mehr Unwetter entstehen mit Starkniederschlag und Hagel. Deutschland verzeichnet bereits jetzt eine Erderwärmung von 1,5 Grad.

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Wie kommen Klimaforscher zu ihren Erkenntnissen?

Bei der Frage, welche Bedeutung die Erderwärmung bei einzelnen Extremwetterereignissen hat, können sogenannte Attributionsstudien helfen. „Im Prinzip wird ein regionales Klimamodell eintausend Mal für einen Sommer der vorindustriellen Zeit – also vor dem Jahr 1850 – und für aktuelle Sommer laufen gelassen. Es wird dann berechnet, wie wahrscheinlich in beiden Klimaten eine aktuell beobachtete Hitzewelle ist“, sagt Meteorologe Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

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„Bei der Hitzewelle in Nordeuropa 2018 kommt man dann zu Aussagen wie „Die Hitzewelle ist im Jetztklima doppelt so wahrscheinlich wie in vorindustrieller Zeit“ – damit ist eine Zuschreibung zum Klimawandel gegeben“, sagt Fink. Eine hundertprozentige Sicherheit, ob etwa eine einzige Hitzewelle auf den Klimawandel zurückzuführen sei, gebe es nie, betont auch Latif. „Dafür ist das Wetter zu chaotisch.“

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Von RND/dpa/so

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