Wenn das Ego zu toxischen Verhaltensweisen führt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3IF3UCHDK5HNRDNCY2GB32PHOY.jpg)
Christian Hemschemeier erklärt, warum unser Ego sowohl gut als auch schlecht für uns sein kann.
© Quelle: Alex Motoc/unsplash
Ego klingt etwas negativ, ist es aber nicht. Wir alle brauchen das Ego, es ist quasi eine Schnittstelle zwischen unserer Seele bzw. unserem wahren Sein und der Realität da draußen. Außerdem ist das Ego eine Art Beschützer, aber auf die eher ruppige Art. Dieser Teil des Egos kennt nur Sieg oder Niederlage. Das Ego ist prima als Schutz. Leider leben wir heutzutage aber fast nur noch in diesem Kampfmodus und haben vergessen, wer wir wirklich sind.
Das Ego trennt und möchte am liebsten immer obenauf sein. Wenn das gefährdet ist, sehen wir leider nicht, wie wenig das an unserem wahren Selbstwert kratzt. Wenn wir aus dem fragilen Ego leben, sind wir eigentlich ständig in scheinbarer Gefahr, weil das Ego an sich nur ein Konstrukt ist. Unser Selbstbild wird dann von dem geprägt, was andere von uns halten oder wie sie über uns denken. Wir werden ein Stück weit zu dem, was die Außenwelt aus uns macht und vergessen dahinter allzu oft unser wahres Ich.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LPCDXQNVPBCEBKWLIT3NEOKQG4.jpg)
Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.
© Quelle: Privat/Patan
Die männliche Polarität und beruflicher Erfolg
Nehmen wir als Beispiel mal das Thema Polarität – ein Thema, mit dem ich oft anecke. Ein Mann, der von sich denkt und/oder dem von außen gespiegelt wird oder wurde, er wäre nicht „gut genug“, fühlt sich womöglich davon angegriffen, wenn ich im Zusammenhang mit männlicher Polarität von Selbstbewusstsein spreche und davon, dass der Mann beim Dating den ersten Schritt machen sollte.
Er hat das Bild über sich so sehr angenommen, dass er sich von anderen Verhaltensweisen oder „Ratschlägen“ angetriggert fühlt und nicht für sich nachprüft, ob sein Verhalten wirklich seinem wahren Ich entspricht. Solche oder ähnliche Verhaltensweisen können allerdings Wachstum und Entwicklung verhindern. Dabei ist nicht entscheidend, dass man zu bestimmten Themen eine andere Haltung hat, sondern vielmehr der Umgang damit. Auch hier kann es wieder viel ausmachen, wenn wir erkennen, dass wir gerade zu stark aus dem Ego handeln und es möglicherweise sogar aussprechen. Denn ganz frei davon machen kann sich vermutlich niemand.
Bei großem beruflichen Erfolg haben wir zum Beispiel auch viel für unser Ego getan, aber wenn wir darauf in jeder Situation aufmerksam machen und permanent Wertschätzung direkt oder indirekt im Außen dafür einfordern, verschwindet dahinter unser tatsächliches Ich. Es verschwindet das, was uns wirklich ausmacht.
Eifersucht und der eigene Selbstwert
Neben Verlustangst, Kontrolle und Projektion spielt auch bei großer Eifersucht das Ego eine Rolle! Eifersucht kann stark im Zusammenhang mit dem eigenen Selbstwert gleich Ego stehen. Und wenn ich mich selbst nicht wertschätze, halte ich alle möglichen Menschen für eine Gefahr bzw. Konkurrenz. Jeder oder jede könnte besser sein und der Partner oder die Partnerin könnte sich gegen einen entscheiden. Dieses Gefühl kann zu unglaublich toxischen Verhaltensweisen führen und eine Beziehung zerstören.
Auch Gefühle von Neid und Missgunst sind sehr egogetrieben. Sie entkoppeln uns von unseren tatsächlichen, den darunter liegenden Gefühlen und es wird nicht einfach klar ausgesprochen (was ein guter Umgang damit wäre), sondern zeigt sich in abschätzigen Bemerkungen, passiv aggressivem Verhalten, Ignoranz usw.
Das Ego umarmen, belächeln oder stoppen
All unsere Gefühle sind erst mal gut. Es kann uns aber in der Persönlichkeitsentwicklung extrem nach vorne bringen, wenn wir uns mit unseren Egothemen auseinandersetzen. Ich bin davon überzeugt, dass viele Probleme auf dieser Welt im Zusammenhang damit stehen. Wir dürfen unser Ego umarmen, es aber auch belächeln oder stoppen, wenn es mal wieder die Oberhand übernehmen will!
Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein aktuelles Buch „Vom Opfer zum Gestalter – Raus aus toxischen Beziehungen, rein ins Leben“ ist online und in allen Buchhandlungen erreichbar.